Warum Inklusion im Kindergarten anfängt

Buchcover "Lotta Wundertüte"
Gestern habe ich auf ZEIT ONLINE die Artikel „Dass es dich gibt“ und „Sie kann lächeln“ von Sandra Roth gelesen. Sie haben mich sehr berührt, weil sie so ehrlich und schonungslos sind.
Die Artikel handeln von der zweijährigen Lotta, ihrem Bruder Ben und ihrer Mutter Sandra Roth.
Lotta ist schwerbehindert – was ihren Bruder gar nicht stört. Sandra Roth erzählt in den Artikeln und ihrem Buch Lotta Wundertüte: Unser Leben mit Bobbycar und Rollstuhl über das Leben mit ihrer blond gelockten Tochter und ihrem Fußall spielenden Sohn.

Nur ein Kind mit Behinderung

Ihre Mutter und ihr Bruder Ben wissen, dass Lotta so einiges kann: sitzen, sehen, „Mama“ sagen. Ben denkt sogar, Lotta habe Superkräfte.
Doch andere sehen oft nur ein Kind mit Körper- und Sehbehinderung. Sogar die Frage, ob Lotta – in Zeiten der Vorsorgeuntersuchungen, Pränataldiagnostik und Abtreibungen – überhaupt eine Daseinsberechtigung, hat steht im Raum:

»Wann hat man das denn festgestellt?«
»Die Fehlbildung? Im neunten Monat, 33. Woche.«
»War es da zu spät?«
»Wofür?«
»Um was dagegen zu machen.«
»Das kann man nicht im Mutterleib operieren.«
»Nein, aber…«

Ganz lebendig beschreibt Sandra Roth, wie Sie und ihr Mann Lottas Befund Malformation der Vena Galeni unter Tränen erfuhren und wie sie damit umgingen.
Eine Malformation der Vena Galeni kann vieles bedeuten: Sie kann bis zur Geburt unentdeckt bleiben, einige Kinder lernen das Krabbeln nicht, andere Kinder fallen in schlechten Zustand und manche sterben daran.

„Aber schieben darf nur ich“

Im Geheimen kann Lotta alles. Krabbeln, den Pudding nachts aus dem Kühlschrank stehlen und fliegen natürlich auch!
Das sagt zumindest ihr Bruder Ben, der schon voller Vorfreude darauf wartet, später ganz allein ihren Rollstuhl schieben zu dürfen. Und da der Kindergarten lustig ist, soll Lotta auch bald in den Kindergarten gehen. Auch wenn Sie nicht fangen spielen oder malen kann, findet Ben, dass es vollkommen ausreicht, wenn sie lächelt.

Mittendrin, statt nur dabei

Ich selbst habe als Kind eine inklusive Schule besucht, habe danach studiert und später angefangen zu arbeiten. Das war und ist für mich das normalste der Welt.
Für Sandra Roth und ihren Mann war es anfangs jedoch eine schwierige Frage den richtigen Weg für Lotta zu finden. Inklusiver Kindergarten oder doch lieber eine heilpädagogische Einrichtung? Die Meinungen sind, was solche Fragen angeht, oft festgefahren.

»Man tut den Kindern keinen Gefallen damit. Der merkt bestimmt, dass er langsamer ist als die anderen.«
Harry und ich schweigend und kauend daneben.
»Klar, und der hält die ganze Klasse auf. Die hinken dem Lehrplan sowieso hinterher. Wie sollen die in den 100er-Zahlenraum kommen, wenn der die ganze Zeit dazwischenblökt?«
»Vorsicht“, sagt Harry. »Unsere Tochter ist auch behindert.«
Stille. Gezwungenes Lächeln.
»Echt? Das denkt man gar nicht, wenn man euch so sieht …«

Noch schwerer wird es für Lottas Eltern, als sie von den integrativen Kindergärten aus den verschiedensten Gründen nur Absagen erhalten.
Erst bei Zora Müller, der Gründerin und Leiterin eines neuen Kindergartens, stoßen sie auf offene Arme. Auch wenn die Anfänge schwer sind und Anträge auf Unterstützung und Fördermittel abgelehnt werden, so hat es sich gelohnt. Lotta wird munterer und hat unglaubliche Freude am Kindergarten.
Auf die Frage

In einem ganz normalen Kindergarten? Funktioniert das?

kann Sandra Roth nur noch antworten:

Ja, das funktioniert.

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So steht auch meine Meinung fest: Inklusive Kindergärten und Schulen sind für mich ein Muss.
Aber wie sieht es bei euch aus? Was habt ihr für Erfahrungen gemacht und wie steht ihr zu inklusiven Kindergärten und Schulen?



Eine Antwort zu “Warum Inklusion im Kindergarten anfängt”

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