Eine gute Investition für alle: Bildung für Kinder mit und ohne Behinderungen

Unterricht in der von einem CBM-Partner errichteten behindertengerechten Schule in Sreepur Union, die auch als Fluchtraum für Flutkatastrophen dient. CBM-Botschafter Raul Krauthausen besucht die Schüler.
Unterricht in der von einem CBM-Partner errichteten behindertengerechten Schule in Sreepur Union, die auch als Fluchtraum für Flutkatastrophen dient. CBM-Botschafter Raul Krauthausen besucht die Schüler. (CBM/argum/Einberger)
Bundesregierung sollte bei internationaler Finanzierungskonferenz Fokus auf besonders Benachteiligte lenken.
Inklusive Bildung ebnet den Weg für echte Teilhabe und Chancengleichheit. Sie ist der Grundstein für wirksame Armutsbekämpfung. Obwohl eigentlich ein Menschenrecht, bleibt Bildung noch immer viel zu vielen verwehrt. Derzeit können unfassbare 264 Millionen Kinder und Jugendliche weltweit keine Schule besuchen. So prangert es der Weltbildungsbericht 2017 an. Besonders benachteiligt sind dabei Kinder mit Behinderungen.
Als ich selbst in den 90er Jahren in Berlin eine Regelschule besuchte, haben dort Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam gelernt. Das ist bis heute leider auch hierzulande noch keine Selbstverständlichkeit. Unsere Klasse war damals wirklich bunt, das Miteinander oft auch anstrengend – so wie Schule halt ist. Denn Inklusion heißt die Annahme und die Bewältigung von menschlicher Vielfalt.
Entscheidend ist, dass niemand von vorneherein außen vor oder zurückgelassen wird. Doch in wirtschaftlich ärmeren Weltregionen können laut Schätzungen der UNESCO bis zu neun von zehn Kindern mit Behinderungen keine Schule besuchen. Auch die Weltbank hat kürzlich ermittelt, dass in Entwicklungsländern von rund 65 Millionen Kindern mit Behinderungen weniger als die Hälfte die Grundschule beenden. Die meisten von ihnen lernen weder lesen noch schreiben. Wie kann das sein?
Zu oft werden die Barrieren für die am stärksten Benachteiligten nicht gesehen und folglich auch nicht beseitigt. Dabei ist letztlich sogar egal, ob übersehen oder aktiv weggesehen wird. Denn so oder so verursacht Diskriminierung gewaltige Folgeschäden und Kosten, für Betroffene wie auch für die gesamte Gesellschaft, obwohl sie eigentlich vermeidbar wären. Andersherum profitieren von Inklusion letztlich alle. Sie muss gewollt, gedacht und geplant werden.
Ich habe das beispielhaft in Bangladesch erlebt, wo ich als Botschafter der Christoffel-Blindenmission (CBM) unterwegs war. Gemeinsam mit lokalen Partnern hat die CBM dort in einer Region, in der es oft verheerende Überschwemmungen gibt, eine neue Schule errichtet. Das Gebäude wurde barrierefrei und zudem erhöht gebaut. Wirklich alle Kinder können dort nun lernen und zugleich ist die Schule Zufluchtsort für das gesamte Dorf bei Überschwemmungen. Das ist Inklusion, von der alle profitieren.
nterricht in der von einem CBM-Partner errichteten, behindertengerechten Schule in Sreepur Union, die auch als Fluchtraum für Flutkatastrophen dient. CBM-Botschafter Raul Krauthausen besucht die Schüler.
Unterricht in der von einem CBM-Partner errichteten, behindertengerechten Schule in Sreepur Union, die auch als Fluchtraum für Flutkatastrophen dient. CBM-Botschafter Raul Krauthausen besucht die Schüler.(CBM/argum/Einberger)
Anfang Februar richten Senegal und Frankreich gemeinsam eine Finanzierungskonferenz für die so genannte Globale Bildungspartnerschaft (Global Partnership for Education – GPE) aus. Die GPE unterstützt ärmere Länder dabei, mehr Geld in Bildung zu investieren, unter anderem in barrierearme Schulgebäude, barrierefreie Lernmaterialien und die Ausbildung qualifizierter Lehrkräfte sowie bessere Teilhabe für Kinder mit Behinderungen. Gute Fortschritte konnten so in den vergangenen Jahren etwa in Nepal, im Niger, in Kambodscha und auf Sansibar (Tansania) erreicht werden.
Sofia (rechts) ist blind und geht dank des CBM-Partnerprojekts ARARIWA auf eine Regelschule. Kinder mit Behinderungen haben dort einen persönlichen Lehrer, der als Assistent für den eigentlichen Lehrer fungiert.
Sofia (rechts) ist blind und geht dank des CBM-Partnerprojekts ARARIWA auf eine Regelschule. Kinder mit Behinderungen haben dort einen persönlichen Lehrer, der als Assistent für den eigentlichen Lehrer fungiert. (CBM/Telemans)
Bei der anstehenden Finanzierungskonferenz sollte diskutiert werden, wie diese Fortschritte ausgeweitet werden können. Braucht es zusätzliche Mechanismen, um die Förderung inklusiver Bildung durch die GPE zu stärken und verbindlicher zu machen? So wie alle Länder, die von der GPE-Förderung profitieren wollen, verpflichtend einen Eigenanteil aus dem jeweiligen nationalen Haushalt erbringen müssen, könnte man auch bindende Kriterien zur Förderung inklusiver Bildung vereinbaren.
Die Christoffel-Blindenmission fordert in einem Kampagnenbündnis mit anderen Hilfsorganisationen und Bildungsgewerkschaften, Deutschland solle 100 Millionen Euro jährlich zur GPE beitragen. Die Bildungskampagne hat diese Forderung angesichts des globalen Bedarfs sowie der Wirtschaftskraft der Bundesrepublik errechnet. Doch bislang belaufen sich die sehr überschaubaren deutschen Beiträge auf weniger als ein Zehntel davon. Die Bundesregierung sollte da dringend nachlegen.
Die Bundesregierung könnte höhere Beitragszahlungen damit verknüpfen, bei der Finanzierungskonferenz den Fokus auf besonders Benachteiligte zu lenken. Denn Kinder mit und ohne Behinderungen sehnen sich danach, gleiche Bildungszugänge zu haben, gleiche Chancen und gleiche Teilhabe.



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