Dieser Beitrag sollte eigentlich mit einem kinoreifen Trailer starten. Leider halten sich meine filmerischen Leistungen in Grenzen, und daher hier vielleicht ein kleines Storyboard, gesprochen mit der Stimme von Bruce Willis:
"Stellen Sie sich vor: Ihr Arbeitsweg hat einen unsichtbaren Feind, der Sie jeden Tag darüber nachdenken lässt, ob man einen Umweg nehmen sollte oder nicht … Unscheinbar … Niemand würde ihn für Ihre Umwege verdächtigen. Und er ist nicht allein: DER DEFEKTE AUFZUG! Diesen Sommer im Kino … Nach einer wahren Geschichte … Mit Nicole Kidman als Stimme des Aufzugs und Clint Eastwood als Aufzugstechniker …"
Der Trailer wird vielleicht kein Blockbuster wie blaue Typen auf Pandora, aber die "wahre Story" ist gegeben. Denn defekte Aufzüge können mir noch mehr den Tag versauen als ein Läuse-Flashmob auf meinem Leberwurstbrot oder eine "eingeschränkte Internet-Konnektivität". Als ich noch in Berlin-Schöneberg wohnte, hatte ich auf meinem täglichen Arbeitsweg vier dieser unscheinbaren Feinde vor mir: 1x in Schöneberg, 2x an der Friedrichstraße und 1x beim Ostbahnhof.
Wenn nur einer dieser Aufzüge seinen "schlechten Tag" hatte, dann begann eine Odyssee, die sogar für Homer zu verrückt gewesen wäre. Beispielsweise ist der eine Aufzug an der Friedrichstraße sehr gerne kaputt, und so musste ich dann über den Hackeschen Markt versuchen, zum Ostbahnhof zu kommen. Bei meinem 30-minütigen Arbeitsweg kamen pro defekten Aufzug etwa 15 Minuten dazu. Bei der Deutschen Bahn wäre das schon fast ein Meckergrund, aber für viele Rollstuhlfahrer ist das einfach nur Alltag.
Ärgerliche Situationen inklusive
Obwohl schon seit Jahrzehnten der barrierefreie Umbau von Bahnhöfen geplant und zum Teil durchgeführt wird, sind einige Bahnhöfe bisher immer noch nicht erreichbar, und auch die Informationsbeschaffung ist schwer. So werden zwar auf den Webseiten der BVG und der S-Bahn die defekten Aufzüge angezeigt, aber nicht gebündelt auf einer Seite, und auch an der Aktualität hapert es. Das führte bei mir schon zu ärgerlichen Situationen. So bin ich einmal für einen Pressetermin nach Hennigsdorf gefahren, um dort über Barrierefreiheit zu reden. Der S-Bahn-Aufzug war nicht als defekt gemeldet, obwohl er bei meiner Ankunft kaputt war. Zwischen Internet und Realität gibt es doch noch Unterschiede. So beschränkte sich mein Beitrag zu einem geplanten Zeitungsartikel dann auf den defekten Aufzug.
Luxus für die einen – Notwendigkeit für die anderen
An welchen Schrauben kann man nun drehen? Dass eine hochtechnische Anlage wie ein Aufzug ausfallen kann, ist verständlich und nachvollziehbar, aber wie kann man dann wenigstens die Menschen einfach und zuverlässig informieren? Ich habe schon oft mit Freunden über das Thema diskutiert, und wir sind zu keinen guten Schluss gekommen, weil die Aufzüge für die einen ein Luxusgegenstand sind und für andere alltagsnotwendig. Genau wie bei der Wheelmap sind Stufen für viele Menschen nicht sichtbar, weil sie keine Barriere sind, und somit würde es schwierig sein, wenn man auf defekte Aufzüge hinweisen müsste. "Schick einen Tweet, wenn der Aufzug defekt ist!" – das würde vielleicht noch funktionieren, aber wer schickt schon eine Nachricht, dass der Fahrstuhl intakt ist? Von dieser einen Frage kommt man dann schnell zum nächsten Problem, zum übernächsten und, und, und … Die Zuverlässigkeit sollten also die Betreiber garantieren.
Bisher kann die Zuverlässigkeit kaum überprüft werden, weil auf den Seiten des ÖPNV nur der Status quo und nicht die Vergangenheit dargestellt wird. Als Nutzer weiß man nicht, von wann die Störungsinformation ist. Der Besucher erfährt nicht, ob der Fahrstuhl in Griebnitzsee zum ersten oder hundertsten Mal kaputt ist. Für längerfristige Planungen (auch bei der Wohnungssuche) und für den Reparatur-Druck auf die Betreiber wäre so ein Verlauf sicherlich hilfreich.
Lösung in Sicht?
Mit einem neuen Projekt möchten wir bei den Sozialhelden das gerne verändern, indem wir auf Probleme mit Aufzügen hinweisen: Auf BrokenLifts.org werden die aktuellen Ausfälle von allen Berliner Aufzügen im ÖPNV sichtbar und jeweilige Statistiken abrufbar sein. Seit letztem Sommer haben wir die Daten von den Seiten der BVG und der Berliner S-Bahn gesammelt und versuchen diese nun auszuwerten. Gleichzeitig soll die Seite auch eine Übersicht über aktuelle Aufzugsstörungen liefern.
Die Darstellung der Informationen soll natürlich nur ein erster Schritt sein und kein Freibrief, dass der Aufzug in Hennigsdorf länger kaputt bleiben darf, weil es ja jeder wissen sollte. Wir finden, dass die Aufzüge schneller repariert werden müssen, damit jeder seinen Alltag ohne Umwege gestalten kann.
Bis es soweit ist, wird in meinem Kopf wohl noch des Öfteren der Trailer mit der Stimme von Bruce Willis ablaufen, wenn ich auf ein "Defekt"-Schild schaue.
Wie ist die Situation in anderen Städten? Würde sich da auch ein Trailer lohnen?
Dieser Text entstand für das Inklusions-Blog der Aktion Mensch.
3 Antworten zu “Mit dem Fahrstuhl auf der Strecke geblieben”
Zur Idee: ziemlich super. Ich wünsche mir so eine Seite schon lange für viele Städte, gerne auch it kurzem Hinweis auf die Nutzungsmöglichkeiten des ÖPNV in der jeweiligen Stadt mit Rollstuhl. Es ist nämlich manchmal ebenso eine Irrfahrt heraus zu finden ob man in einer fremden Stadt überhaupt poteniell den Nahverkehr mit Rollstuhl nutzen kann…
Ich glaube bei uns in Freiburg gibt es einfach zu wenige Aufzüge im öffentlichen Raum. Lediglich am Hauptbahnhof gibt es Aufzüge, die zu Haltestellen führen, da wir nur eine oberirdische Bahn und Busse haben.
Wenn die Aufzüge kaputt sind beginnt allerdings ein Abenteuer, denn sie sind zugleich die einzige Möglichkeit im Rollstuhl von einem Gleis zum anderen zu kommen. Im Falle eines Ausfalls muss man schon mal durch einen Regionalexpress um von Gleis eins auf Gleis 2 zu kommen. Der musste dann auch extra für mich etwas länger anhalten… ; )
Super Idee! Wichtig sind auch moderne Aufzüge… es kann ne Menge passieren, wenn nicht korrekt gewartet wird: http://www.kone.com/countries/de_DE/modernisierung/warum-modernisieren/sicherheit-aufzug-gefahren/Pages/default.aspx
[…] immer noch da ist, weil sie die Zugänglichkeit (Artikel 9) zu Gebäuden verbessert hat. Auch der ÖPNV in Berlin ist zum größten Teil für Rollstuhlfahrer nutzbar, und so können Busse beispielsweise über […]