Die Bundesregierung plant mit der Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) Verbesserungen für Menschen mit Behinderung in Sachen Barrierefreiheit. Allerdings wird die Privatwirtschaft in ihrer Verpflichtung ausgenommen. So heißt es im Entwurf:
Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft:
Der Wirtschaft entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.
Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten:
Keine.
Der Bundesrat scheint das in Ordnung zu finden und ignoriert damit die Empfehlung des federführenden Ausschusses für Arbeit, Integration und Sozialpolitik des Länderparlaments.
Auf ZEIT Online schreibt Christiane Link treffend:
Inklusion und Teilhabe wird ohne die Privatwirtschaft aber nicht funktionieren. Wir gehen in Supermärkte, Cafés, Restaurants, Kaufhäuser, fliegen in den Urlaub und gehen ins Kino. Außerdem schaffen private Unternehmen Arbeitsplätze, die auch behinderte Menschen brauchen und gut ausfüllen können. Es ist also nicht realistisch zu glauben, ein Behindertengleichstellungsgesetz sei ausreichend, wenn es nur den Staat in die Pflicht nimmt.
Wer wirklich möchte, dass behinderte Menschen endlich in der Mitte der Gesellschaft ankommen, der darf sich nicht davor fürchten, privaten Unternehmen Auflagen zu machen. Ausgerechnet Länder wie Großbritannien und die USA schaffen das, obwohl sie nicht gerade als wirtschaftsfeindlich bekannt sind. Aber die Politik in Deutschland traut sich immer noch nicht, Privatunternehmen zur Barrierefreiheit zu verpflichten.
Wichtig dabei: Verhältnismäßigkeit. Es geht nicht darum, dem kleinen Eckkiosk am Ende der Straße einen 100.000 Euro teuren Lift vorzuschreiben, aber für große Banken sollte das kein Problem sein.
Nun müssen wir aktiv werden und unseren Bundestagsabgeordneten unsere Meinung sagen. Hier mein Brief:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie werden in Kürze über einen Entwurf zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes im Deutschen Bundestag debattieren. Da ich selbst Rollstuhlfahrer bin, werde ich von Ihren Entscheidungen in der Debatte direkt betroffen sein und deshalb möchte ich Ihnen gerne ein paar meiner Gedanken mit auf den Weg geben:
Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass private Anbieter von Dienstleistungen und Produkten nicht zur Barrierefreiheit verpflichtet werden. Das sehe ich mit großer Sorge, denn im Alltag stoße ich täglich auf Barrieren, die von diesem Gesetzesentwurf nicht erfasst werden. Zu dieser Problematik habe ich mit meinem Verein, den SOZIALHELDEN, vor fünf Jahren Wheelmap.org gegründet, eine Onlinekarte zum Suchen und Finden von rollstuhlgerechten Orten.
Denn es ist wirklich sehr ärgerlich, wenn die Abendplanung ins Wasser fällt, weil das Café eine Stufe am Eingang hat oder auch spontane Treffen zum Essen in der Mittagspause nicht möglich sind. In der Wheelmap sind mehr als 630.000 Orte weltweit markiert, ob sie rollstuhlgerecht sind oder nicht. In Deutschland sind über 90.000 Orte nicht rollstuhlgerecht, dazu kommen mehr als 92.000 öffentlich zugängliche Orte, die nur teilweise zugänglich sind. Die meisten dieser Orte werden von privaten Anbietern betrieben. Wir reden also von mehr als 180.000 Orten, die von dem aktuellen Gesetzesentwurf nicht betroffen wären.
Hinter diesem Link finden sie eine Übersicht wie es allein in Berlin Mitte mit der Zugänglichkeit aussieht.
Ich begrüße natürlich, dass es überhaupt einen Gesetzesentwurf zur Barrierefreiheit gibt, weil damit die Zugänglichkeit von öffentlichen Schulen und Ämtern gefördert wird. Auf der anderen Seite sollten wir in einer inklusiven Gesellschaft so viele Orte wie möglich zugänglich machen. Der Bäcker in der Nachbarschaft, das Programmkino oder der Einkaufsladen an der Ecke gehören für Menschen mit Behinderungen genauso zum Alltag wie der Besuch einer Schule oder Behörde.
In den USA gibt es seit über 25 Jahren den Americans with Disabilities Act (ADA), der die barrierefreie Zugänglichkeit von privaten Läden, Restaurants, Geschäften und vieles mehr regelt. Warum sollte das also nicht auch in Deutschland möglich sein?
In dieser ganzen Debatte geht es nicht nur um mich, sondern um mehr als 1,6 Millionen Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer in Deutschland. Dazu viele Menschen, die auf Mobilitätshilfen, wie Rollatoren, angewiesen sind, und Familien mit Kinderwagen. Barrieren, die wir abbauen können, kommen Allen zu gute, ob jetzt oder in Zukunft. Sie haben die Chance darüber zu entscheiden, wie wir Barrierefreiheit in Zukunft in Deutschland behandeln werden.
Ich würde mich freuen, wenn dieser Einblick bei Ihrer Entscheidung eine Rolle spielen kann und wir einen Weg finden, dass der Alltag für Menschen mit Behinderungen einfacher wird. Ihre Meinung zu dem Thema würde mich sehr interessieren und so stehe ich Ihnen gerne für Fragen zur Verfügung und Danke Ihnen für Ihre Zeit.
Mit freundlichen Grüßen,
Raul Krauthausen
Auch in der UN-Behindertenrechtskonvention steht unter Artikel 9, 2b:
Die Vertragsstaaten treffen außerdem geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass private Rechtsträger, die Einrichtungen und Dienste, die der Öffentlichkeit offenstehen oder für sie bereitgestellt werden, anbieten, alle Aspekte der Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen berücksichtigen.
Im Übrigen blockiert Deutschland auch die 5. EU-Antidiskriminierungsrichtline. Aus Angst, die Privatwirtschaft zu sehr in die Pflicht zu nehmen?
Jetzt ist es an uns! Egal ob Menschen mit Behinderungen oder noch-nicht Behinderte, Barrierefreiheit hilft allen Menschen und daher würde ich mich freuen, wenn ihr euren politischen VertreterInnen, euren Abgeordneten schreibt und sie auf das Menschenrecht von Zugänglichkeit hinweist.
+++UPDATE vom 1. März 2016+++
Das Büro von Dr. Maria Flachsbarth, MdB (CDU) antwortete:
Sehr geehrter Herr Krauthausen,
vielen Dank für Ihre Email, die Sie gestern an Frau Dr. Flachsbarth gerichtet haben.
Die Abgeordnete bittet Sie um Antwort, ob und wo Sie in ihrem Wahlkreis Hannover-Land II wohnen. In dem Fall wird sie gern Ihre Frage beantworten.
Sollten Sie jedoch in einem anderen Bundestagswahlkreis wohnen, erlaubt sie sich Ihre Anfrage an den entsprechenden Kollegen weiter zu leiten.
Frau Dr. Flachsbarth bittet um Verständnis für diese Vorgehensweise, da sie eine sehr große Zahl von Emailzuschriften erhält und auf Grund dieser Fülle grundsätzlich nur den Bürgern aus ihrem Wahlkreis antworten kann.
Mit freundlichen Grüßen
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
+++UPDATE vom 3. März 2016+++
Das Büro von Gudrun Zollner, MdB (CSU) antwortete:
Sehr geehrter Herr Krauthausen,
im Auftrag der Bundestagsabgeordneten Gudrun Zollner darf ich Ihnen den Eingang Ihrer Mail vom 02.03.2016 bestätigen.
Frau Zollner hat Ihre Ausführungen mit dem Betreff Zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetz im Bundestag zur Kenntnis genommen.
Auch in ihrem Namen verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
offensichtlich hat es sich Frau Zollner noch einmal überlegt und folgende Antwort am 4. April nachgereicht:
Sehr geehrter Herr Krauthausen,
im Nachgang zur Korrespondenz vom 03.03.2016 möchte ich Ihnen gerne die Stellungnahme der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag zu dem von Ihnen angesprochenen Thema der Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes zuleiten.
„Wir planen, das Behindertengleichstellungsgesetz mit einem Gesetzentwurf weiterzuentwickeln, den wir in erster Lesung beraten. Ziel ist es, unter Berücksichtigung der UN-Behindertenrechts-Konvention sowie veränderter gesellschaftlicher und technischer Entwicklungen, die Rechtsstellung von Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Dafür sollen der Begriff der Behinderung mit dem der UN-Behindertenrechts-Konvention vereinheitlicht, neue Bestimmungen aufgenommen, um einer verbesserten Barrierefreiheit Rechnung zu tragen, aber auch barrierefreie Informationstechnik innerhalb der Bundesverwaltung bereitgestellt werden. Die vorgesehenen Änderungen um-fassen unter anderem die Einführung effektiverer Instrumente zur Durchsetzung der Barrierefreiheit bei der Vergabe von Zuwendungen und Zuweisungen im Rahmen institutioneller Förderung durch die Bundesverwaltung sowie den Einsatz leichterer Sprache zur Erleichterung für Menschen mit geistigen Behinderungen. Daneben soll eine Bundesfachstelle eingerichtet werden, die in Fragen der Barrierefreiheit berät und unterstützt. Eine Schlichtungsstelle bei der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen und ein kostenloses Schiedsverfahren sollen die Durchsetzbarkeit von Rechten behinderter Menschen erhöhen.“
Darüber hinaus habe ich einen Teilnehmer für die Veranstaltung des Deutschen Bundestages „Politik für und mit Menschen mit Behinderung“ vorgeschlagen.
Ich nehme die Belange behinderter Menschen sehr wohl ernst und verfolge gerade die Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetz im Bundestag aktiv.
Ich wünsche Ihnen eine schöne Woche und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Gudrun Zollner
Mitglied des Deutschen Bundestages
+++UPDATE vom 3. März 2016+++
Corina Rüffer, MdB (Grüne) antwortete:
Sehr geehrter Herr Aguayo-Krauthausen,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 03.03.2016. Als behindertenpolitische Sprecherin antworte ich Ihnen stellvertretend für die gesamte Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen.
Auch ich sehe die fehlenden Verpflichtungen für die Privatwirtschaft bei der Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) besonders kritisch. Natürlich ist es positiv zu bewerten, wenn sich der Bund zu Barrierefreiheit und Gleichstellung verpflichtet. Die meisten Menschen nutzen jedoch private Geschäfte, Gaststätten, Kinos, Cafés usw. deutlich häufiger als Ministerien und Behörden. Von einer gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderung sind wir noch weit entfernt. Verpflichtungen für die Privatwirtschaft wären ein Schritt in die richtige Richtung, doch diese Chance verpasst die Bundesregierung. Es ist offensichtlich, dass sich hier ökonomische Interessen gegenüber Menschenrechten durchgesetzt haben. Dazu habe ich mich auch in meiner Pressemitteilung am 29.02.2016 auf kobinet geäußert.
Die Bundesregierung scheut außerdem verbindliche zeitliche Verpflichtungen beim Abbau von Barrieren. Bis zum Jahr 2021 sollen Barrieren in bestehenden Gebäuden und im Intranet der Bundesministerien und –behörden zwar erhoben werden, allerdings gibt es keine zeitlichen Fristen, bis wann diese Barrieren abgebaut werden sollen. Der von der Bundesregierung im Januar vorgelegte Entwurf enthält auch einige Verbesserungen (z.B. Schlichtungsstellen), ist insgesamt aber mutlos und alles andere als ausreichend.
In den anstehenden Beratungen zum BGG werden meine Fraktion und ich uns dafür einsetzen, dass auch für privatwirtschaftliche Angebote verpflichtende Regelungen zur Barrierefreiheit geschaffen werden. Ein Antrag zum BGG befindet sich derzeit in Abstimmung.
Für Ihre Arbeit wünsche ich Ihnen weiterhin viel Erfolg.
Mit freundlichen Grüßen
Corinna Rüffer
+++UPDATE vom 10. März 2016+++
Kerstin Tack, MdB (SPD) antwortete:
Sehr geehrter Herr Krauthausen,
vielen Dank für Ihre Mail vom 2. März 2016 zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes. Gerne antworte ich Ihnen als behindertenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion auch im Namen meiner Fraktionskolleginnen und Fraktionskollegen, an die Sie sich ebenfalls gewandt haben.
Ich freue mich immer wieder, von den innovativen Ideen Ihres Vereins Sozialhelden e. V. zu erfahren und habe im letzten Jahr auch sehr gerne das Projekt Wheelmap.org im Rahmen der Map-my-day-Kampagne am 3. Dezember unterstützt.
Die Frage, inwiefern die Privatwirtschaft zur Herstellung von Barrierefreiheit verpflichtet werden kann, wird berechtigter Weise immer wieder diskutiert. Durch § 5 des BGG zu Zielvereinbarungen werden Verbände, die die Belange von Menschen mit Behinderungen fördern, darin unterstützt, mit Wirtschaftsunternehmen bzw. deren Verbänden privatrechtliche Vereinbarungen über die Herstellung von Barrierefreiheit zu treffen. Mit der anstehenden Novellierung des BGG soll das Instrument der Zielvereinbarungen weiter gestärkt werden, indem die geplante Bundesfachstelle für Barrierefreiheit die Beteiligten in den Verhandlungen unterstützen soll.
Grundsätzlich unterstütze ich die auch vom UN-Fachausschuss zur UN-BRK im letzten Jahr noch einmal untermauerte Forderung, dass auch für Privatunternehmen klare Regeln gelten müssen, damit Menschen mit Behinderungen deren Angebote und Arbeitsplätze gleichberechtigt nutzen können. Das BGG verpflichtet jedoch nur Träger der öffentlichen Gewalt. Demgegenüber sollen Benachteiligungen aus Gründen einer Behinderung durch die Privatwirtschaft mit den Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verhindert oder beseitigt werden.
Das AGG wird derzeit im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes evaluiert. Ziel der Evaluierung ist es, die praktische Wirksamkeit des AGG zu überprüfen und etwaige gesetzliche Umsetzungsdefizite sowie Schutz- und Regelungslücken aufzudecken. Auch die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention zur barrierefreien Zugänglichkeit aller Lebensbereiche für Menschen mit Behinderungen finden dabei Berücksichtigung. Die Ergebnisse der Evaluierung und entsprechende Handlungsempfehlungen wurden für den Sommer dieses Jahres angekündigt und bleiben zum jetzigen Zeitpunkt somit abzuwarten.
Wichtige Impulse für die Herstellung von Barrierefreiheit in der Privatwirtschaft erwarte ich zudem von der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen in den Mitgliedsstaaten. Diese befindet sich derzeit in Arbeit und würde als European Accessibility Act dem von Ihnen erwähnten Americans with Disabilities Act ähneln. Der erste Vorschlag vom 2. Dezember 2015 wurde in der zuständigen Ratsarbeitsgruppe am 21. Januar 2016 in Brüssel durch alle anwesenden Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedsstaaten in seiner die Zielsetzung begrüßt.
Gleichwohl nehme ich Ihr Anliegen zur der Herstellung von Barrierefreiheit in der Privatwirtschaft sehr ernst und bin gerne bereit, diese Frage im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zur Novellierung des BGG in den weiteren Beratungen mit der CDU/CSU-Fraktion als unserem Koalitionspartner anzubringen.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Tack
+++UPDATE vom 10. März 2016+++
Uwe Schummer, MdB (CDU) antwortete:
Sehr geehrter Herr Krauthausen,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 2. März 2016. Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) wird am 17. März 2016 in erster Lesung im Plenum debattiert. Danach wird es für Verbände und Sachverständige die Möglichkeit geben, ihre Positionen zum Gesetz im Rahmen einer Anhörung darzustellen. Wir werden dann in der Koalition entscheiden, an welchen Stellen Änderungsbedarf besteht und dies in das Gesetzgebungsverfahren mit einbringen. Von daher danke ich Ihnen für Ihre Hinweise. Sie werden in der Debatte sicherlich eine wichtige Rolle spielen.
Mit dem BGG verpflichtet sich der Bund, Barrierefreiheit und damit wesentliche Ziele der UN-BRK in den Bereichen, für die er verantwortlich ist, schrittweise umzusetzen. Die Bundesländer haben in ihrer Stellungnahme vom 26.2.2016 den Gesetzentwurf begrüßt. Sie werden ihre Landesgleichstellungsgesetze entsprechend an das BGG anpassen.
Das neue BGG wird erstmals Drittmittel, mit denen der Bund Institutionen fördert, an das Kriterium der Barrierefreiheit koppeln. Damit wirkt das Gesetz auch mittelbar in die Wirtschaft hinein. Die neue Bundesfachstelle für Barrierefreiheit soll unter anderem auch der Wirtschaft als Informations- und Anlaufstelle für Fragen rund um das Thema zur Verfügung stehen. Hiervon erwarte ich langfristig positive Effekte für eine barrierefreie Umgebung.
Generell werden wir mit dem BGG nicht alle Anbieter privater Güter und Dienstleistungen zur Barrierefreiheit verpflichten. Zwang ist immer dann geboten, wenn die Überzeugungskraft fehlt. Wir wollen weiter das Bewusstsein für Menschen mit Beeinträchtigungen als Kunden schärfen und mit Hilfe der Verbände über Zielvereinbarungen in die Wirtschaft hinein Veränderungen bewirken. Allein die demografische Entwicklung führt schon heute zu einem Umdenken bei Gewerbetreibenden, ihre Produkte und Dienstleistungen oder Räumlichkeiten barrierefrei oder zumindest barrierearm zu gestalten.
Ihre zahlreichen Aktivitäten und Ihr Engagement tragen wesentlich dazu bei, dass die Gesellschaft auf Barrieren aufmerksam wird, nicht nur Betreiber von Geschäften etc., sondern auch Kunden, die (noch) keine Behinderung haben. Aus meiner Sicht reicht bauliche oder kommunikative Barrierefreiheit allein nicht aus, um das Zusammenleben zu verbessern. Zu hartnäckig halten sich Vorurteile, die dazu führen, dass stets neue Begründungen gefunden werden, warum Barrierefreiheit nicht umsetzbar ist. Hierzu brauchen wir eine Gesinnungs- und Zuständereform. Von daher danke ich Ihnen für Ihren Einsatz und die engagierte Zusammenarbeit.
Es grüßt herzlich
Uwe Schummer
+++UPDATE vom 14. März 2016+++
Michael Frieser, MdB (CSU) antwortete:
Sehr geehrter Herr Krauthausen,
herzlichen Dank für Ihre Email vom 29. Februar zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes. Sie bringen darin Ihre Sorge darüber zum Ausdruck, dass nach dem aktuellen Gesetzesentwurf private Anbieter von Produkten und Dienstleistungen nicht zur Barrierefreiheit verpflichtet werden sollen.
Mit dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), das am 17. März in erster Lesung im Plenum debattiert wird, verpflichtet sich der Bund, Barrierefreiheit und damit wesentliche Ziele der UN-Behindertenrechtskonvention in den Bereichen, für die er verantwortlich ist, schrittweise umzusetzen. Danach werden Verbände und Sachverständige im parlamentarischen Verfahren die Möglichkeit haben, ihre Positionen zum Gesetz im Rahmen einer Anhörung darzulegen. Anschließend werden wir in der Koalition abstimmen, an welchen Stellen gegebenenfalls weiterer Änderungsbedarf besteht und diese Änderungen im weiteren Verfahren vornehmen. Die Bundesländer haben in ihrer Stellungnahme vom 26. Februar 2016 den Gesetzentwurf begrüßt. Sie werden ihre Landesgleichstellungsgesetze voraussichtlich entsprechend an das neue BGG anpassen.
Mit dem BGG wollen wir aber nicht alle Anbieter privater Produkte und Dienstleistungen zur Barrierefreiheit verpflichten. Wir möchten das Bewusstsein für Menschen mit Beeinträchtigungen als Kunden weiter schärfen und mit Hilfe der Verbände über Zielvereinbarungen in die Wirtschaft hinein Veränderungen bewirken. Als Ansprechpartner für Privatunternehmen steht zukünftig die neue Bundesfachstelle für Barrierefreiheit zur Verfügung. Zudem werden nach dem BGG erstmals auch Drittmittel, mit denen der Bund Institutionen fördert, an das Kriterium der Barrierefreiheit gekoppelt. Das Gesetz wirkt damit auch direkt in die Wirtschaft hinein.
Als Demografiebeauftragter der CDU/CSU-Fraktion bin ich besonders am weiteren Ausbau der Barrierefreiheit in unserem Land interessiert. Mit Blick auf die Alterspyramide wird zukünftig ein zunehmend großer Teil der Gesellschaft auf Barrierefreiheit angewiesen sein. Das Thema wird entsprechend weiterhin an Bedeutung gewinnen. Vor diesem Hintergrund hat bereits heute bei vielen Unternehmern ein Umdenken eingesetzt, Produkte, Dienstleistungen und Räumlichkeiten barrierefrei oder zumindest barrierearm zu gestalten.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Frieser
+++UPDATE vom 16. März 2016+++
Wolfgang Bosbach, MdB (CDU) antwortete. Leider völlig am Thema vorbei:
Sehr geehrter Herr Krauthausen,
dankend bestätige ich den Erhalt Ihrer Zuschrift vom 29. Februar 2016. Ich bitte Sie angesichts einer wirklich großen Arbeitsbelastung und einer Fülle von Zuschriften und Bürgeranliegen um Verständnis dafür, dass ich nur kurz reagieren kann.
Leider geht aus der Zuschrift nicht hervor, warum Sie ausgerechnet mich (!) angeschrieben haben, da wäre ich Ihnen für einen kurzen Hinweis wirklich dankbar gewesen.
Dies insbesondere deshalb, weil für das von Ihnen angesprochene Bundesteilhabegesetz nicht der Innenausschuss des Deutschen Bundestages zuständig ist, vielmehr liegt die Zuständigkeit hier beim BMAS beziehungsweise beim Bundestagsausschuss für Arbeit und Sozialordnung. Vor diesem Hintergrund frage ich an, ob Sie sich bereits mit den zuständigen Kolleginnen und Kollegen in Verbindung gesetzt haben, wenn Nein, darf ich Ihnen das empfehlen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Wolfgang Bosbach, MdB
Meine umgehende Antwort:
Sehr geehrter Herr Bosbach,
danke für Ihre Antwort. Warum ich Ihnen schreibe?
Nun, ich schreibe Ihnen, weil sie ja auch am Ende über Gesetze entscheiden.
Im Übrigen ging es mir in meinem Schreiben an Sie NICHT, wie sie darlegen, um das Bundesteilhabegesetz sondern um das Behindertengleichstellungsgesetz.
Bitte Lesen Sie die Mail (siehe oben) erneut.
Vielen Dank,
Liebe Grüße,
Raul Krauthausen
+++UPDATE vom 18. März 2016+++
Das Büro von Kathrin Werner, MdB (Die Linke) antwortete:
Lieber Raul Krauthausen,
Dr. Gregor Gysi hat mich gebeten, Ihre Mail zu beantworten, was ich sehr gerne übernommen habe.
Wir unterstützen Ihre Forderung in all den von Ihnen genannten Punkten. Eine nur halb barrierefreie Gesellschaft reicht bei weitem nicht aus!
Dies haben wir auch gestern in der Debatte im Plenum bezüglich der Novellierung des BGG und in verschiedenen Pressemitteilungen zum Ausdruck gebracht.
http://www.kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/33322/Eine-halb-barrierefreie-Gesellschaft-reicht-nicht-aus.htm
http://linksfraktion.de/interview-der-woche/barrieren-abbauen-gleiche-teilhabe-ermoeglichen/
http://rollingplanet.net/die-linke-fordert-barrierefreiheit-in-der-privatwirtschaft/
Darüber hinaus finden Sie im Anhang unseren Antrag, den wir gestern zum Gesetzesentwurf der Regierung dazu gelegt haben.
Mit herzliche Grüßen
+++UPDATE vom 23. März 2016+++
Sigmar Gabriel, MdB (SPD) antwortete:
Sehr geehrter Herr Krauthausen,
vielen Dank für Ihre Mail vom 1. März 2016, mit der Sie das Behindertengleichstellungsgesetz ansprechen. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich erst jetzt dazu komme, Ihnen zu antworten.
Die von Ihnen aufgeworfene Frage, wie im privaten Bereich der Abbau von Barrieren vorangebracht werden kann, wird zu Recht diskutiert. Mit dem Behindertengleichstellungsgesetz werden Verbände, die die Belange von Menschen mit Behinderungen fördern, darin unterstützt, mit Wirtschaftsunternehmen oder deren Verbänden privatrechtliche Zielvereinbarungen über die Herstellung von Barrierefreiheit zu treffen. Mit der Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes und der geplanten Bundesfachstelle für Barrierefreiheit wird diese Unterstützung gestärkt.
Richtig ist, dass auch für Institutionen und Privatunternehmen klare Regeln gelten müssen, damit Menschen mit Behinderungen deren Angebote und Arbeitsplätze gleichberechtigt nutzen können. Wie Sie wissen, verpflichtet das BGG nur Träger der öffentlichen Gewalt. Demgegenüber sollen Barrieren in anderen Bereichen mit den Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verhindert oder beseitigt werden.
Das AGG wird derzeit mit dem Ziel evaluiert, seine praktische Wirksamkeit zu überprüfen und etwaige gesetzliche Umsetzungsdefizite und Regelungslücken aufzudecken. Dabei werden auch die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention zur Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen berücksichtigt.
Zugleich will ich auf die Arbeiten an der EU-Richtlinie zur Barrierefreiheit bei Produkten und Dienstleistungen hinweisen, die dem von Ihnen erwähnten Americans with Disabilities Act ähneln wird.
Seien Sie gewiss, dass ich das Anliegen der Herstellung von Barrierefreiheit in institutionellen und privaten Bereichen unterstütze. Ich bin sicher, dass diese Frage auch im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zur Novellierung des BGG eine wichtige Rolle spielen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Sigmar Gabriel
+++UPDATE vom 24. März 2016+++
Nadine Schön, MdB (CDU) antwortete:
Sehr geehrter Herr Krauthausen,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Es ist in der Tat ärgerlich, dass es nach wie vor so viele Hindernisse für Menschen mit Behinderung durch Barrieren im Umfeld gibt – sei es die Stufe am Eingang oder Türen, die sich aus einem Rollstuhl heraus nicht öffnen lassen. Eine meiner besten Freundinnen im Studium war Rollstuhlfahrerin. Heidelberg im e-Rollstuhl – darüber können wir einige Geschichten erzählen. Nicht nur deshalb unterstütze ich Ihr Anliegen sehr.
In Artikel 3 III des Grundgesetzes ist verfassungsrechtlich verbrieft, dass niemand aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Diesen Grundsatz der Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderung weiter zu fördern ist ein wichtiges Anliegen der CDU. Im Koalitionsvertrag von 2013 haben wir daher festgelegt, dass eines der wichtigsten Ziele im Bereich der Teilhabe ein leichterer Zugang für Menschen mit Behinderung zu Transportmitteln, Informationen und Kommunikation sowie zu Einrichtungen und Diensten ist. Aus Sicht der Bundesregierung ist hier vor allem die Bundesverwaltung in der Pflicht. Behördengänge sind im Alltag von besonderer Wichtigkeit und müssen meist persönlich erledigt werden. Aus diesem Grunde ist die Verbesserung im Hinblick auf barrierefreie Zugänge oftmals geboten.
In der letzten Woche hat der Deutsche Bundestag in erster Lesung den eingebrachten Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes (Drucksache 18/7824) beraten. Neben dem Ziel, den Ausbau von barrierefreiem Zugang zu öffentlichen Gebäuden zu fördern, sollen auch eine barrierefreie Informationstechnik der Bundesverwaltung sowie die Einrichtung eines Schlichtungsverfahrens und einer Bundesfachstelle für Barrierefreiheit, die Neufassung des Behindertenbegriffs nach der UN-Behindertenrechts-Konvention sowie eine Verbesserung der Anwendung von leichter Sprache und Gebärdensprache die Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderung in Zukunft fördern.
Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf beschränkt sich allerdings darauf, Barrieren im öffentlichen Bereich, wo wir unmittelbar Abhilfe schaffen können, abzubauen. Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) richtet sich ausschließlich an öffentliche Träger. Gesetzliche Regelungen zur Barrierefreiheit in der Privatwirtschaft finden sich dagegen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Hier sind freiwillige Vereinbarungen mit den Behindertenverbänden weiterhin richtungsweisend. Hinzu kommt jetzt allerdings, dass sich Private bei der Bundesfachstelle zukünftig informieren und beraten lassen können. Ebenfalls sieht das neue BGG erstmals vor, Drittmittel, mit denen der Bund Institutionen fördert, an das Kriterium der Barrierefreiheit zu koppeln. Damit wirkt das Gesetz auch zumindest mittelbar in die Privatwirtschaft hinein. Aus meiner Sicht ist die Weiterentwicklung des BGG daher insgesamt ein Schritt in die richtige Richtung.
Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren, in deren Verlauf auch Ihre Einwände Berücksichtigung finden, erst begonnen hat. Daher erlaube ich mir, Ihre Einlassungen an den Behindertenbeauftragten unserer Bundestagsfraktion sowie an unsere zuständigen Fachpolitiker weiterzuleiten.
Abschließend möchte ich jedoch die Gelegenheit nutzen, Ihnen für Ihr wichtiges gesellschaftliches Engagement im Sinne der betroffenen Menschen im Alltag herzlich zu danken. Diesen Einsatz für unsere Gesellschaft und deren Zusammenhalt kann man nicht genug wertschätzen. Für Ihr weiteres bürgerschaftliches Wirken wünsche ich Ihnen alles Gute!
Viele Grüße
Nadine Schön
+++UPDATE vom 6. April 2016+++
Andrea Nahles, MdB und Bundesarbeitsministerin (SPD) antwortete:
Sehr geehrter Herr Aguayo-Krauthausen,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 3. März 2016.
Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Weiterentwicklung des Behindertengleich stellungsrechts gehen wir einen wichtigen Schritt in Richtung einer inklusiven Gesellschaft. Ich teile Ihre Auffassung, dass Barrierefreiheit endlich eine Selbstverständlichkeit werden muss, damit der Alltag für Menschen mit Behinderungen einfacher wird.
Bereits seit dem Jahr 2002 regelt das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG), dass Träger öffentlicher Gewalt Menschen mit Behinderungen nicht benachteiligen dürfen und trifft Regelungen, mit denen es die Bundesbehörden in bestimmten Bereichen in die Pflicht nimmt, für Barrierefreiheit zu sorgen. Jetzt gehen wir einen Schritt weiter und nehmen uns als Bund mit dem neuen Gesetz selbst ir, die Pflicht. Dies betrifft z. B. den Abbau von Barrieren in Bestandsgebäuden des Bundes und von sprachlichen Barrieren, indem Menschen mit geistigen Behinderungen mehr Informationen in Leichter Sprache erhalten.
Sie haben sicher davon gehört, dass derzeit das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes auch unter Berücksichtigung der UN-Behindertenrechtskonvention evaluiert wird. Das AGG zielt zwar nicht auf die Herstellung von Barrierefreiheit ab. Es stellt jedoch sicher, dass Menschen mit Behinderungen bei Geschäften des täglichen Lebens vor Benachteiligung geschützt sind und ihnen beispielsweise der Vertragsabschluss solcher Geschäfte nicht allein aufgrund ihrer Behinderung verweigert werden darf. Die Ergebnisse der Evaluation des AGG, die für den Sommer 2016 angekündigt sind, sollten wir zunächst abwarten.
Die Sicherstellung von Barrierefreiheit zur physischen Umwelt ist demgegenüber in erster Linie Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Baurechts, das aufgrund der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland in die Zuständigkeit der Bundesländer fällt. Auch der von der EU-Kommission am 3. Dezember 2015 vorgestellte Vorschlag für eine Richtlinie über die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen kann unserem gemeinsamen Anliegen zusätzlichen Impuls geben.
Klar ist, dass wir noch lange nicht am Ziel sind. Viele Akteure setzen sich derzeit engagiert
für die Gestaltung einer inklusiven Gesellschaft ein. Barrierefreiheit ist ein Schlüssel dafür.
Ich bin überzeugt, dass wir mit dem neuen BGG zusätzlichen Schub bekommen werden. Es
lädt alle zum Mitmachen und Nachahmen ein und bereits jetzt haben viele Länder, Kommunen,
Unternehmen und Verbände damit begonnen, den Weg in die inklusive Gesellschaft zu
ebnen. Auch für Ihr großartiges Engagement und das aller „Sozialhelden“ danke ich Ihnen
ganz herzlich.
Mit freundlichen Grüßen,
Andrea Nahles
+++UPDATE vom 7. April 2016+++
Cansel Kiziltepe, MdB (SPD) antwortete:
Sehr geehrter Herr Krauthausen,
herzlichen Dank für Ihr Schreiben zur Novelle des Behindertengleichstellungsgesetzes. Ich antworte auf Ihr Schreiben als Abgeordnete des Wahlkreises Friedrichshain-Kreuzberg im Namen aller SPD-Bundestagsabgeordnten, die sie angeschrieben haben.
Zunächst möchte ich Ihnen für Ihr Engagement im Bereich Inklusion danken. Die von Ihrem Verein gegründete Seite wheelmap.org hat mich sehr beeindruckt. Es bleibt nach wie vor wichtig, Barrieren, dort wo sie bestehen, zu benennen und sichtbar zu machen. Nur so kann es gelingen, für Menschen mit Behinderung ein Leben in größtmöglicher persönlicher Freiheit und mit größtmöglicher Beteiligung zu gestalten.
In diesem Sinne ist auch die Novelle des Behindertengleichstellungsgesetzes gefasst. Sie soll die UN-Behindertenrechtskonvention wirksamer umsetzen, als es bisher geschehen ist. Dazu sind eine Reihe von Änderungen geplant:
- Anpassung des Behindertenbegriffs an Wortlaut der UNBehindertenkonvention
- Verbesserungen bei der Barrierefreiheit in den Bundesverwaltungen
- Förderung der Leichten Sprache
- Einrichtung einer Bundesfachstelle für die Umsetzung von Barrierefreiheit
- Finanzielle Förderung von Selbsthilfeverbänden
Ich begrüße ausdrücklich, dass die Bundesregierung im Bereich der Inklusion und Barrierefreiheit tätig wird und freue mich darüber, dass es in dieser wichtigen Frage endlich zu Fortschritten kommt. Die parlamentarische Beratung im Deutschen Bundestag ist angelaufen. In den kommenden Wochen wird es eine öffentliche Anhörung mit den betroffenen Verbänden geben, in denen einzelne Aspekte des Gesetzes noch einmal diskutiert werden und auch über Kritik an einzelnen Regelungen beraten wird. Die SPD-Bundestagsfraktion wird sorgfältig prüfen, welche Kritikpunkte noch ihren Weg in das Gesetz finden müssen.
Die generelle Forderung nach einer Barrierefreiheit auch im Bereich privater Anbieter von Produkten und Dienstleistungen kann ich nachvollziehen. Die Zahl der Orte ohne barrierefreien Zugang ist nach wie vor zu hoch. Gleichzeitig stellt sich aber die Frage, ob bestimmte Organisationen mit einer generellen Verpflichtung zur Barrierefreiheit nicht überfordert wären. Sofern sich diese auch auf kleine und kleinste Läden und Anbieter erstreckt, habe ich die Befürchtung, diese in teilweise existenzielle Schwierigkeiten zu bringen, was nicht das Anliegen sein kann. Dennoch kann ich Ihnen versichern, dass die Frage nach einer Ausweitung der Barrierefreiheit im öffentlichen Raum sicher in der öffentlichen Anhörung diskutiert wird.
Ich danke Ihnen nochmals herzlich für Ihr Engagement, das ich gerne unterstütze.
Mit freundlichen Grüßen,
Cansel Kiziltepe
Soeben erreichte mich eine anonyme Reaktion eines Aktivisten:
+++UPDATE vom 12. April 2016+++
Max Straubinger, MdB (CSU) antwortete:
Sehr geehrter Herr Krauthausen,
haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vom 29. Februar dieses Jahres zum Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes. Als Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag antworte ich Ihnen gerne auch im Namen unserer Vorsitzenden, Frau Gerda Hasselfeldt MdB, sowie der Kolleginnen und Kollegen aus der Landesgruppe, die Sie ebenfalls angeschrieben haben.
Für Ihr Anliegen habe ich großes Verständnis. Die Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes zielt darauf ab, die Barrierefreiheit sukzessive weiter voranzutreiben. Der Bund verpflichtet sich gesetzlich in weiteren Bereichen, für die er bei der Umsetzung selbst verantwortlich ist, für Barrierefreiheit zu sorgen.
Eine Verpflichtung privater Anbieter zur Gewährleistung von Barrierefreiheit sieht der Gesetzentwurf allerdings nicht vor. Diese Frage war bereits Thema in der am 17. März 2016 geführten Debatte im Deutschen Bundestag und wird sicher auch zentraler Gegenstand in der anstehenden Sachverständigenanhörung sein.
Ich bitte um Verständnis, dass ich dem Ergebnis der Sachverständigenanhörung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorgreifen möchte. Die Behindertenpolitik liegt jedoch beim Kollegen Uwe Schummer MdB, der Ihnen als Beauftragter für Menschen mit Behinderungen der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag bereits geantwortet hat, und der Kollegin Dr. Astrid Freudenstein MdB als zuständiger Berichterstatterin, mit der Sie bereits im Gespräch sind, in guten Händen.
Mit freundlichen Grüßen
Max Straubinger, MdB
+++UPDATE vom 13. April 2016+++
Das Bundeskanzleramt antwortete:
Sehr geehrter Herr Krauthausen,
für Ihre E-Mail vom 29. Februar 2016 an Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel danke ich Ihnen. Wegen der Vielzahl der täglich hier eingehenden Schreiben ist es der Bundeskanzlerin leider nicht möglich, in jedem Fall persönlich zu antworten. Sie hat mich beauftragt, die Beantwortung für sie zu übernehmen. Die späte Antwort bitte ich zu entschuldigen.
Sie sprechen in Ihrer E-Mail den Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts, der am 13. Januar 2016 vom Bundeskabinett beschlossen wurde, an und kritisieren, dass „private Anbieter von Dienstleistungen und Produkten“ damit nicht zur Barrierefreiheit verpflichtet werden. Als Betroffener liegt Ihnen die Barrierefreiheit sehr am Herzen, was sich auch beeindruckend in der Arbeit des von Ihnen gegründeten Vereins Sozialhelden e. V. widerspiegelt. Gerne möchte ich zu Ihrem Anliegen Stellung nehmen:
Ich denke, Sie werden mir zustimmen, dass in der Behindertenpolitik bereits viel erreicht wurde. Der Bundesregierung ist aber auch bewusst, dass noch viel getan werden muss. Wir als Gesellschaft müssen gemeinsam daran arbeiten, dass das bisher Erreichte erhalten bleibt und kontinuierlich weiterentwickelt wird. Denn nicht nur die Politik ist gefordert, sondern jeder Mensch kann dazu beitragen, dass behinderte Menschen in das alltägliche Leben ganz selbstverständlich einbezogen werden. Dies zeigen Sie und Ihr Team mit Ihren kreativen Ideen und Projekten wie Wheelmap.org oder BrokenLifts.org immer wieder aufs Neue.
Die Regelung der Barrierefreiheit privater Gebäude ist jedoch Gegenstand der jeweiligen Landesbauordnung. Die Gesetzgebungsbefugnis hierfür liegt ausschließlich bei den Ländern und nicht beim Bund, weshalb entsprechende Regelungen nicht Gegenstand des angesprochenen Gesetzentwurfs sind.
Hinweisen möchte ich noch darauf, dass die Europäische Kommission am 2. Dezember 2015 einen Vorschlag für einen europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit vorgelegt hat, mit dem Barrierefreiheitsanforderungen für bestimmte Produkte und Dienstleistungen auf EU-Ebene festgelegt werden sollen, um Menschen mit Behinderungen eine bessere Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Die Verhandlungen darüber sind noch nicht abgeschlossen.
Ich bedauere, Ihnen keine günstigere Antwort geben zu können und wünsche Ihnen und Ihrem Verein Sozialhelden e. V. für die Zukunft alles Gute!
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
+++UPDATE vom 18. April 2016+++
Martin Pätzold, MdB (CDU) antwortete:
Sehr geehrter Herr Krauthausen,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 02. März 2016 bezüglich des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) im Bundestag. Nachdem das BGG bereits am 17. März 2016 in erster Lesung im Plenum debattiert wurde, wird es am 25. April 2016 im Rahmen einer Anhörung die Möglichkeit für Verbände und Sachverständige geben, Anmerkungen bezüglich des Gesetzes zu äußern.
Ziel des erweiterten BGG ist es, einen neuen Behinderungsbegriff einzuführen, der definiert, dass nicht die Behinderung selbst, sondern die bestehenden Barrieren die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erschweren. Dementsprechend setzt sich die Unionsfraktion dafür ein, dass die Barrierefreiheit für Rollstuhlfahrer in der Bundesrepublik weitestgehend ausgebaut wird. Wie Sie in Ihrem Schreiben richtig anmerken, werden mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes nicht alle privaten Anbieter von Dienstleistungen und Produkten zur Barrierefreiheit verpflichtet. Vielmehr soll es Ziel sein, die Toleranz gegenüber durch körperliche Behinderungen beeinträchtigten Menschen als Kunden zu erweitern.
Unterstützend soll eine Bundesfachstelle eingerichtet werden, die in Fragen der Barrierefreiheit berät und unterstützt. Des Weiteren wird durch das bereits in der vergangenen Legislaturperiode durch die CDU/ CSU Bundestagsfraktion verabschiedete Personenförderungsgesetzes, der öffentliche Nahverkehr bis zum Jahr 2022 barrierefrei.
Ich bin sehr zuversichtlich, dass mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes im Bundestag die gesellschaftliche Gleichstellung von Menschen, die aufgrund einer körperlichen Behinderung, auf barrierefreie Wege angewiesen sind, gefördert wird. Weiterhin freut es mich sehr, dass Sie sich als Betroffener für die Weiterentwicklung des BGG sowie durch Ihren Verein SOZIALHELDEN e.V. engagieren. Gerne stehe ich Ihnen für weitere Rückfragen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Pätzold
3 Antworten zu “Für ein gutes Gleichstellungsgesetz für behinderte Menschen!”
… doch, so viel Mühe hat sie sich gemacht (oder besser; das Büro aufschreiben lassen), die Frau von der CSU? Das nenne ich wahre Volksvertreterin!
Anderes Sehen e.V. hat dem guten Beispiel von Raul folgend auch einen Brief geschrieben an
– die Mitglieder des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Bundestags
– die behindertenpolitischen Sprecher/innen der Fraktionen des Bundestags
– MdBs, die Direktmandate in Berlin errungen haben
und veröffentlicht ebenfalls die Reaktionen
http://www.anderes-sehen.de/wir-wollen-juristische-durchsetzungsmoeglichkeit-im-behindertengleichstellungsgesetz/
Ich bin der Meinung, dass wir nicht nur die „Christliche“ oder „Soziale “ Verantwortung haben sollten zu helfen. Sondern Wir sollten endlich auch Akzeptieren das eben nicht alle Menschen gleich sind. Egal ob Behindert oder nur Eingeschränkt (ohne GDB) oder Asylant JEDER der Hilfe braucht und wünscht sollte diese auch erhalten! Alles andere ist für mich unterlassene Hilfeleistung.
Des Weiteren können wir nie wissen ob diese Personen nicht auch einen „Stephen Hawking“ ähnliche Menschen hervorbringen.
So nun zu dem Schlangensterns aller Augmente alle die Personen stellen auch eine nicht unerhebliche Wirtschaftskraft dar. Kleines Beispiel würde ein Restaurant nur 1-5% des Jahresumsatz investieren um die Treppen zu beseitigen oder mit Hilfe von STABIELEN temporären Stahlrampen so wird sich die Investition innerhalb von einem Jahr auch wieder hineinkommen. Vorausgesetzt die Speisen schmecken. Ich denke wenn der Staat nachweislich vorgenommene Maßnahmen steuerlich vergünstigt /anrechenbar macht (1-5% je nach Größe.)
Sollten dann die Menschen noch in die Lage versetzt werden bescheiden Wohlstand und Altersvorsorge zu erlangen, so wie ein Teil der anderen arbeiten Menschen (Haus Auto…), würden diese von sich aus, darauf achten keine unnötigen Kosten zu verursachen und auch Aufwendungen teilweise gerne selber tragen.
Die Politik sollte endlich mal wieder dem Menschen dienen und nicht der Wirtschaft. 1Sem BWL Menschen sind die Grundlage einer jeden Wirtschaft. Die Menschen stellen die Nachfrage und Konsum so wie die Waren her. Ohne Menschen (mit Geld) keine Wirtschaft.
Von Steuergleichheit und anderem will ich nicht weiter eingehen.
Euch/Ihnen allen ein erfülltes und angenehmes LEBEN.