In Berlin wird viel über Inklusion geredet, aber zu wenig getan. Damit sich das ändert, hat sich ein neues Bündnis für schulische Inklusion gegründet: Schluss mit den Einzelkämpfen!
Für das eigene Recht einzustehen ist oft mehr als ermüdend. Da geht es zuweilen um Windmühlen, gegen die angeritten werden muss. Menschen mit Behinderung haben auf dem Papier tolle Rechte, bloß bleiben die oft dort. Wir haben in Deutschland zwar die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen unterschrieben. Bloß haben die Windmühlen kaum von dieser gehört.
Zum Beispiel gibt es das verbriefte Recht auf inklusive Bildung. Dieses Recht genießen Kinder zwar, wirklich leben und in Anspruch nehmen können sie es oft nicht. Eltern versuchen, sich in einem Dickicht aus verschiedenen Zuständigkeiten und Anträgen zurecht zu finden. Immer mehr Pädagog*innen verzweifeln an einem Bildungssystem, dass nur dem Namen nach inklusiv ist, Kinder und Pädagog*innen aber zu oft allein lässt. Und nun will Bildungssenatorin Sandra Scheeres sogar wieder neue Förderschulen bauen.
Wir sind in Berlin von einer inklusiven Schule, die diesen Namen verdient hat, weit entfernt. Inklusion wurde von oben herab beschlossen, eine Schule nach der anderen über Nacht inklusiv. Doch nur weil sich auf dem Briefkopf etwas ändert, gibt es nicht automatisch inklusive Bildung.
Bisher kämpften einzelne Eltern, Lehrkräfte und Vereine für Inklusion und gute Bildung für alle. Vernetzt waren sie kaum. Damit schwächen sie ihre Position. Deswegen hat sich nun ein neues Bündnis gegründet: Pfeffersport e.V., Eltern beraten Eltern e.V., Schule in Not e.V. und ich haben Anfang September zu einem Kennenlern- und Netzwerktreffen eingeladen. Gemeinsam haben wir das “Berliner Bündnis für schulische Inklusion” gegründet.
Spannend an diesem Auftakttreffen war, dass viele verschiedene Perspektiven vertreten waren: Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen, die sich zu oft allein gelassen fühlen, mittlerweile erwachsen gewordene Kinder und Aktivisten, die selbst von ihren biografischen Erfahrungen berichten können, Vertreter*innen der Wissenschaft und Pädagog*innen, die gerne inklusiver arbeiten würden, aber oftmals an den Rahmenbedingungen verzweifeln.
Uns alle eint, dass wir Inklusion als Gemeinschaftsaufgabe ansehen und davon überzeugt sind, dass echte, gut gestaltete Inklusion allen Kindern und Schüler*innen zu Gute kommt! Und uns eint die Erfahrung, dass es so nicht weiter gehen kann und wir notfalls für das Recht auf Inklusion streiten wollen – auf der Straße, in den Schulen und vor Gericht.
Es ist ein verdammt gutes Zeichen, dass wir mit dem Bündnis eine Plattform geschaffen haben, um uns auszutauschen, aber auch um gemeinsam Kampagnen durchzuführen. Schließlich wollen wir ja nicht, dass Berlin, das sich stets als modern und hip preist, hinterherhinkt: Inklusion ist die Zukunft.
Wenn du dich auch für eine Schule für alle, echte Teilhabe und ein gerechtes Schulsystem engagieren willst, schreib uns an inklusion@schule-in-not.de und lern uns kennen.
2 Antworten zu “Neues Berliner Inklusionsbündnis will echte Teilhabe”
Guten Morgen Raul Krauthausen, besten Dank für den Beitrag. Ich kam ja aus dem Schulwesen und denke inzwischen, dass die „inklusive Schule“ es von innen heraus nicht schaffen kann, denn es gibt um sie herum zu viel Wettbewerb um nicht inklusive Bildungsangebote, Freizeitangebote, Wirtschaftsbetriebe.
Deshalb denke ich, muss es dahin kommen, dass die inklusive Schule nicht von allen Seiten verdrängt und „entleert“ wird, die Förderschulen sind ein Wettbewerber, aber nur einer. Persönlich möchte ich deswegen das Thema Bildung weiter fassen und mich eher schreibend für „inklusive Bildung“ statt für „inklusive Schule“ einsetzen. Reisen z. B., das ist ja auch Bildung, nicht nur „knarrender Rollkoffer“.
Die Arbeit des Inklusionsbündnisses interessiert mich dennoch, wenn ich via Social Media etwas lese, freue ich mich darüber.
Auch hier im Landkreis Stendal brauchen wir so eine Plattform. Das Schulsystem ist eine Katastrophe und stellt einen Nachteil für Kinder und Jugendliche mit Behinderung dar. Das Wort Inklusion wird häufig benutzt, doch Papier ist geduldig. Die Umsetzung von Inklusion und Teilhabe findet nur wenig bis garnicht statt. Besonders an Förderschulen gibt es diesbezüglich große Probleme, diese sind die am wenigst inklusiven. Dabei scheitert es jedoch meist nicht an den Möglichkeiten, sondern viel zu oft am Willen. Gern würde ich /wir mich diesem Bündnis für den Bereich Altmark/ Sachsen-Anhalt anschließen.
Mit freundlichen Grüßen
Autismus Verband Altmark
Karina Gyhra