Gestern war ich bei einer neuen Zahnärztin. Wahrscheinlich werden sich die meisten jetzt fragen, was daran denn bitte so interessant sei, dass ich gleich darüber schreibe. Eigentlich war das ganze auch ziemlich unspektakulär, aber ich hatte trotzdem ein ziemliches Aha-Erlebnis: Sie hat während der gesamten Behandlung ausschließlich mit mir gesprochen – nicht über mich!
Seit ich mich zurückerinnern kann, denken Menschen, denen ich begegne, dass ich nicht sprechen kann oder sie nicht verstehe, weil ich mich mit einem großen Elektrorollstuhl fortbewege. Egal ob ich mit Freund*innen ausgehe, Lebensmittel einkaufe oder mir im Kosmetikgeschäft einen neuen Lippenstift aussuche, es wird fast nie mit mir, sondern meist mit meiner Begleitperson gesprochen. Wenn es in der Umgebung laut ist und ich schwer zu verstehen bin, weil ich sehr leise spreche, kann ich dieses Verhalten sogar irgendwie nachvollziehen. Im Alltag ist das aber ja zum Glück selten der Fall. Dann finde ich es immer sehr unangenehm, wenn ich z.B. einer Mitarbeiterin in einem Laden eine Frage stelle, diese aber nicht mir sondern meiner Assistentin antwortet. Meistens stehe ich dann erst etwas verdattert da, sage dann aber bestimmt: „Hallo! Hier bin ich! Sie dürfen gern mit mir sprechen, denn meine Assistentin hat mit der Sache nichts zu tun!“
Leider habe ich noch immer nicht so richtig herausgefunden, woran dieses Verhalten liegt. Ist es Unsicherheit? Bestimmt! Aber wenn ich klar und deutlich eine Frage stelle oder auf eine gestellte Frage antworte, dürfte eigentlich klar sein, dass ich eine kompetente Gesprächspartnerin bin.
Beim Einkaufen oder im Café sind solche Situationen einfach nur nervig, aber wenn Ärzt*innen nicht mit mir sprechen, kann es teilweise gefährlich werden. Außerdem ist es einfach respektlos, mit jemand anderem in meinem Beisein über meinen Körper zu sprechen. Ich bin schließlich diejenige, die sich am besten mit meinem Körper und meinen Bedürfnissen auskennt. Das Erlebnis mit meiner neuen Ärztin, die noch nicht mal erwähnt hat, dass ich im Rollstuhl sitze und ganz selbstverständlich alles gemacht hat, wie sie es bei jeder anderen Patientin auch tun würde, war deshalb wirklich eine Wohltat für mich!
Ich wünsche mir wirklich, dass es mehr Menschen gibt, die jedem Gegenüber, egal ob mit oder ohne Behinderung ganz normal begegnen. Traut euch! Und wenn das nicht geschieht, hoffe ich, dass mehr Menschen den Mut haben, eine vernünftige Kommunikation einzufordern, denn: „Hallo! Wir sind hier und haben eine Stimme!“