„Das hat der so aber gar nicht gesagt!“

Untertitel sind eine komische Sache. Manchmal sind sie total ausführlich, beinhalten jeden Songtext im Original, manchmal fassen sie ganze Dialoge mit „Ja“ – „Nein“ – „OK“ zusammen, aber nie weiß man, was einen erwartet. Vor allem weiß ich nie, ob sie funktionieren. Deswegen bin ich so unendlich froh, wenn am Anfang vom Tatort ein „Tatort-Titelmelodie“ unten drunter steht oder eine Beschreibung der Untertitelfarben für die einzelnen Rollen. Dann weiß ich: Komme was wolle, irgendwelche Untertitel sind vorhanden und ich kann in Ruhe den Film gucken. Auch wenn die Untertitel unvorhersehbar sind.

Witziger Weise sind es oft Hörende, die sich über die Untertitel aufregen. „Der hat da aber ‚Scheiße‘ gesagt und nicht ‚Mist‘.“ Wie soll ich als gehörloser Mensch merken, ob ganze Wörter ausgelassen oder Dialekte ins Hochdeutsche umformuliert werden? Eben. Im Gespräch mit Leuten, die die Untertitel machen, stellt sich dann raus, dass es ganz genaue Richtlinien gibt, an die man sich halten müsse. Deswegen fallen Wörter weg. Aha. Ich finde das schade, weil es oft die unwichtigen Wörter sind, die so viel ausmachen. Und weil ich mir ziemlich sicher bin, dass diese Richtlinie von Hörenden erfunden wurde. Von Menschen, die keine Ahnung haben, was es heißt, sich verstärkt visuell durch die Welt zu bewegen.

Ich lehne mich mal jetzt etwas aus dem Fenster und sage: Die Untertitel sollten einfach ein möglichst genaues Abbild dessen sein, was gehört wird. Also möglichst jedes Wort untertiteln, auch wenn’s viel ist — wenn viel gesprochen wird, hört man auch nicht alles, oder? Und vor allem die Geräusche so präzise wie möglich beschreiben und die Liedtexte im Original untertiteln. Ich freu mir jedes Mal einen Keks, wenn ein französisches Lied im Original untertitelt wird, auch wenn ich es kaum verstehe.

Erst dann kann man dann das alles schlicht und inklusiv „Untertitel“ nennen. Diese ganzen Zusatzbezeichnungen wie „für Gehörlose“ oder „für Hörbehinderte“, oder – besonders schön – das nicht tot zu kriegende „Gehörgeschädigte“ können dann in die Tonne.



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