Das Leben ist teuer – und das von behinderten Menschen teurer. Am Ende des Tages kommt still ein stolzes Sümmchen zusammen. Das darf ja mal gesagt werden.
„Das Leben ist schön, aber teuer“, hat ein Unbekannter einmal gedichtet, „man kann es auch etwas billiger haben, aber dann ist es weniger schön“. Darüber lässt sich nachdenken, schließlich ist ein Zustand wie „Glück“ nicht unbedingt mit Geld aufzuwiegen – aber es gibt die so genannten versteckten Kosten im Alltag. Und über unsere möchte ich jetzt schreiben.
Ich meine nicht die „hidden costs“ beim Kauf eines Hauses oder eines Finanzprodukts, sondern jene zur Bewältigung des Alltags im Leben eines Menschen mit Behinderung. Es fällt auf, dass dieses Thema unter behinderten Leuten durchaus lebendig diskutiert wird, diese Blase aber kaum verlässt.
Ich möchte hier nicht aufzählen, was ein Mensch mit Behinderung tagtäglich extra aufwendet für Medikamente und Hilfsmittel, die nicht von der Versicherung übernommen werden und dennoch manchmal oder sehr oft verdammt notwendig sind. Eine Behinderung bringt halt gewisse Kosten mit sich – nur sind die eine Belastung oder eine Investition? Die Assistenzen zum Beispiel kosten – es geht um Begleitungen des Alltags. Aber auch hier muss um jede Minute mit den Behörden gefeilscht werden, als wäre es eine Nerverei für die Gesellschaft. Dabei kenne ich viele, viele Menschen, die nutzen ihre Assistenz nicht zum Bierholen, sondern um sich in die Gesellschaft einzubringen, um zu geben. Ich selbst beschäftige, auch mit Hilfe der Assistenzen, andere Mitarbeiter. Assistenz bildet die Grundlage, um Energien freizusetzen – und die meisten sind positiv. Darin sehe ich Chancen für uns alle; aber darüber redet niemand, immer geht es um “Kosten”, die am liebsten vermieden werden.
Die Berufe der Care-Arbeit sind in Deutschland immer noch chronisch unterbewertet, was sich auch in einer ungerechten Bezahlung niederschlägt. Ist halt, in der historischen Betrachtung, etwas für Frauen. Und da Männer immer noch meistens entscheiden, wer für seine Tätigkeit wieviel an Geld erhält, fällt die Care-Arbeit unter den Tisch. Dabei ist sie pure Investition. Sie setzt im Übrigen auch viel Menschliches frei, die Möglichkeit voneinander zu lernen, sich auszutauschen – sei es in der Altenpflege, in der Krankenpflege, in der Kitaerziehung, im Jugendzentrum und bei der Begleitung behinderter Menschen. Eine Aufwertung würde allen helfen, da würde noch genug übrig bleiben zur Honorierung der Immobilienmakler und Wirtschaftsanwälte.
Teurer als im Leben nichtbehinderter Menschen ist auch manche Planung, die notwendig macht: Wie lange brauche ich für eine Reise, komme ich am gleichen Tag zurück oder muss ich ein Hotel buchen? Und wer bezahlt das Zimmer für die Assistenz? Der logistische Zeitaufwand kostet ein paar Nerven und auf jeden Fall Moneten. Da kann auch mal der Kinobesuch plötzlich teurer werden, weil nur die Loge einen Rollstuhlplatz hat. Das ist normal, und dafür braucht es vom Mainstream auch kein Schulterklopfen – aber es ist ja gut miteinander darüber zu reden. Von wegen Verständnis und so. Freizeit ist ein Alltagsbedürfnis für jeden von uns. Freizeit bringt Kosten mit sich; Menschen mit Behinderung verzichten zuweilen mit Blick darauf. Oder planen um.
Und es gibt die emotionalen Kosten, die finanziell nicht erfassbar sind: Wenn um vieles, welches als Recht festgelegt ist, gefragt werden muss. Andrew Pulrang hat dies beschrieben; wenn er bei einem Flug um einen Rollstuhltransfer bittet und dann skeptische Blicke erntet, wenn er ein paar Schritte selbst geht, oder wenn man im Restaurant nach einer Karte in größerer Schrift oder um Hilfe beim Lesen bittet – oft wird dann geschaut, oder der Mensch TATSÄCHLICH „so“ behindert ist, dass man ihm ein Sonderrecht oder ein Privileg gewährt. Dabei wissen die Menschen mit Behinderung am besten sich einzuschätzen, fragen tut man eher seltener als öfter, und es geht oft nicht um ein Privileg, sondern verbrieftes Recht. Nur steht das auf dem bekanntlich geduldigen Papier.
Und ich hab gar nicht erst angefangen von den ewigen Fights mit dem Sozialamt, von den Einkommensobergrenzen für Menschen mit Behinderung in Deutschland, von all dem, was von den Arbeitsgehältern dafür einbehalten wird, dass wir zum Beispiel von Assistenten begleitet werden. Will ja nicht übertreiben. Auch nutzen Behörden immer wieder Gesetzeslücken, um sich im Zweifel einen schlanken Fuß zu machen – sei es bei Assistenzen im Schulhort oder bei Krankenhausaufenthalten.Bleibt eine Frage: Was ist uns wieviel wert? Der Sozialhaushalt ist ein dicker Brocken in Deutschland. Aber ist alles Geld dort sinnvoll ausgegeben? Oft kommt bei jenen, die für die Gesellschaft wertvoll sind, aber dafür Hilfestellung brauchen, nicht genügend an, versickert in Verwaltungen und Daseinszweckmonstern wie den Werkstätten. Aufjedenfall landet es vor allem in den Taschen von Menschen ohne Behinderung. Ist es uns wert, eine konventionelle Landwirtschaft in Deutschland zu pimpern, mit wenig Effekten für den Arbeitsmarkt und vielen, aber nur negativen, für die Natur und den Welthandel? Was wollen wir uns Klimaschutz kosten lassen? Ist es uns wert, Geld in die Rüstung zu stecken? Aber genug für heute. Jetzt fahr ich erstmal eine Runde Skatklopfen mit Freunden. Das kostet nichts. Oder doch?
9 Antworten zu “Ganz schön teuer, so’ne Behinderung”
[…] Ganz schön teuer, so ‘ne Behinderung von Raul Krauthausen! Lest bitte selbst, ich kann jeden Satz unterstreichen. Heute Nachmittag kam eine E-Mail einer Hilfsorganisation, die 42 € und ein paar Zerquetschte für eine Stunde Hilfe nimmt. Wenn wir zum Beispiel einen Wochenendausflug machen oder auch nur einen Sonntagsausflug, dann ist mehr als die Hälfte unseres Budgets verbraucht. Dann bekommt der Helfende auch noch Essen, Trinken & Eintritt frei – ich kann und will das nicht bezahlen. Entweder wir machen an einem Wochenende was richtig gutes und bleiben dann die übrige Zeit daheim und machen nichts. Oder ich suche Laienhelfer, die ein Bruchteil bekommen und habe das Gefühl diese auszunutzen. […]
Guten Abend besten Dank Raul Krauthausen für den Beitrag, ich möchte gerne noch etwas zum Thema psychischer Einschränkung hinzufügen.
Was meine Behinderung angeht, könnte ich mir – ich bitte, das nicht falsch zu verstehen, ich möchte sicherlich nicht an Krebs erkranken – was die Therapie angeht, wünschen, ich hätte lieber Krebs. Warum?
Wenn man Krebs hat geht alles wie am Schnürchen, „Krebs“ und schon ist es akzeptiert, von der Krankenkasse, von allen, alle haben sofort Mitleid, allen ist klar, was es ist, es ist „Krebs“, der Patient ist Opfer davon geworden.
Es gibt dann einen Ablauf, erst kommt dies, dann kommt das – der Patient muss es nur noch aushalten, was nicht so einfach ist, ich möchte es, wie gesagt, auch nicht haben. Bei psychischen Erkrankungen ist alles viel komplizierter – eine Depression? Sagen alle, wirklich, ach wirklich? Dann muss man sich einen Konsiliarbericht holen, das ist ja nicht schlecht, aber aufwändig, dann muss man gucken, dass man einen Therapeuten findet, der es länger als fünf probatorische Termine mit einem aushält, das ist furchtbar, wenn man schon daran leidet, seelisch leidet, abgelehnt worden zu sein, menschlich abgelehnt – dann sowas: Man muss performen, damit der Therapeut/die Therapeutin zu dem Schluss kommt, dass man eine Chance verdient hat. Sowas habe ich auch beim Zahnarzt, überhaupt bei irgendeinem Arzt noch nicht erlebt – aber bei Psychotherapie ist alles anders als beim Arzt, es ist alles, alles anders. Persönlich habe ich irgendwann autodidaktisch nach Therapeuten „geangelt“, bin drei Mal „abgeblitzt“, immer nach den Probatorischen, und ja, doch, die Kasse hat gezahlt – aber macht sowas denn bitte Sinn? Macht es nicht“ Mit haben selbst diese kurzen Sachen irgendwie geholfen, aber wie sehr hätte ich mir eine ausführliche Psychoanalyse gewünscht, ich glaube, das hätte vielleicht die Macke zumindest kleiner machen können – das kann doch nicht das Ziel sein, dass der Betroffene da so herum suchen muss – ich glaube, dass so viele Menschen in ihrer Mackenschleife hängen bleiben müssen, weil einfach solche Diagnosen nicht so anerkannt sind wie physische Erkrankungen. Durchgewurschtelt habe ich mich – jetzt ist es ok für mich, aber nicht nur ich habe verloren, die Gesellschaft hat auch eine Arbeitnehmerin verloren, die einst sehr gut ausgebildet war – auch so entstehen der Gesellschaft hohe Kosten – müsste nicht sein, nicht in so krasser Weise. Ich schreite nun zum Dinner – schönen Abend.
Lieber Raul, wie immer brillant und auf den Punkt konzentriert. Ja, die Kosten, Kostenfaktor und wie teuer Menschen mit Behinderung doch sind!
Dabei stimmt das absolut nicht!
Menschen mit Behinderung kosten keinen Cent! Im Gegenteil – wir generieren Geld – und das nicht zu wenig! 15.000.000.000 Euro – in Worten 15 Milliarden Euro schwer ist das Bruttosozialprodukt, welches durch unsere Bedarfe Jahr für Jahr generiert wird!
Tausende von Händen stehen in Lohn und Brot, weil es uns gibt. Die Reha-Industrie, die Hilfsmittelhersteller und nicht zuletzt die Pharma – jeder verdient sich eine goldene Nase aufgrund unserer Bedarfe.
Klar – wir haben verbriefte Rechte – die aber werden uns immer mit den Kosten aufgerechnet – Kosten, die nicht real existieren, das ist das Schlimmste. Nehmen wir nur die Kosten für Assistenz – aus meiner Sicht ein durchlaufender Posten, denn die Assistenz muss den Lohn versteuern, sie kurbelt mit ihrer Kaufkraft die Wirtschaft an und und und. 15 Milliarden, ein kompletter Wirtschaftsbereich würde wegbrechen, gäbe es uns nicht. Also nicht Kostenfaktor sondern „Wirtschaftsfaktor behinderter Mensch“ – aber so werden wir nicht wahrgenommen. Und da bin ich noch nicht einmal bei der emotionalen Bereicherung, die wir der Gesellschaft geben. Niemand hat eine Garantie auf ein unbehindertes Leben. Wir sind Vorreiter – Wegbereiter für all die, die nach uns kommen. Wir zeigen doch immer wieder, dass es sich trotzdem lohnt – trotz der vielen Widrigkeiten.
Werde nie verstehen, warum mir die Verantwortlichen beipflichten und dennoch im Gegenteil handeln. Ich würde mir wünschen, dass eine Uni im Wirtschaftsbereich sich mal dem Thema „Wirtschaftsfaktor Mensch mit Behinderung“ annimmt.
War das nun das Wort zum Sonntag? Nein, ein Tag reicht da nicht!
Ich antworte gerne auf den Beitrag von Heinrich Buschmann.
Ich weiß gar nicht, ob es nicht irgendwo eine solche Dissertation geben könnte, aber eine Doktorarbeit ist ja kein Handlungsleitfaden – und Ihnen geht es doch ums Handeln?
Das erreichen Sie mit einer Doktorarbeit nicht. Selbst wenn ein Forscher, eine Forscherin, zu dem Schluss käme, dass Behinderte sich nicht „rechneten“ für die Wirtschaft – änderte es sowieso nichts an dem Anspruch auf Gleichberechtigung in allen Lebenslagen.
Völlig richtig, ein vollwertiger Anspruch auf Gleichberechtigung und Gleichbehandlung in allen Lebenslagen – eben nicht unter dem Vorbehalt des Kostenfaktors. Klar ist eine derartige Arbeit kein Handlungsleitfaden, aber vielleicht zeigt so eine Arbeit, dass wir eben kein Kostenfaktor sind.
Ihre Worte haben mich dennoch zum Grübeln gebracht. Sie haben Recht – es ist falsch es immer wieder am Geld festzumachen. Geld darf hier absolut keine Rolle spielen, darf absolut nicht zum Maßstab werden.
Ein verbrieftes Recht darf nicht an einer Geldgrenze enden.
Da gibt es auch absolut keine Diskussionsspielraum – auch wenn uns das die politischen Größen immer wieder einreden wollen.
Ich störe mich an dieser Argumentation – das uns immer wieder die ach so hohen Kosten vorgehalten werden. Meine Intention ging in die Richtung, dass es eben nicht stimmt. Das diese Kosten eben gar nicht so hoch sind, wenn man sie in der richtigen Relation betrachtet.
Wenn ich zu schnell unterwegs bin, bekomme ich einen Strafzettel! Die Behörde fragt mich nicht, ob ich mir diesen Strafzettel leisten kann – es ist bestehendes Recht! Wobei – ich könnte langsamer fahren.
Meine Behinderung kann ich nicht ändern – die daraus entstehenden Bedarfe kann ich nicht beeinflussen – die daraus entstehenden Kosten nicht verhindern. Die UN-BRK, das Grundgesetz, Artikel 3 gibt mir Recht. Nur die Behörden winden und drücken sich vor diesen Kosten – trotz bestehendem Recht. Wie kann das sein?
Steuern, Strafzettel muss ich bezahlen – da kennt der Staat keine Gnade!
Er ist im Recht!
Meine Bedarfe brauchen einen Ausgleich – rechtlich verbrieft, im Grundgesetz verankert! Ich bin im Recht! Und dennoch wird es mit Füßen getreten – muss ich um jedes Quäntchen Lebensqualität kämpfen.
Kämpfen – nicht um mein Recht – nein, kämpfen für die Erfüllung dieses Rechts. Das ist weder fair noch menschlich!
Zitat H. Buschmann:
„Kämpfen – nicht um mein Recht – nein, kämpfen für die Erfüllung dieses Rechts. Das ist weder fair noch menschlich!“
Leider ist das so und dürfte in Zukunft noch umso härter werden. Jetzt haben wir jedoch die Corona-Pandemie und ich bin der Meinung, dass eine noch ferne „Post-Corona-Ära“ es in sich haben dürfte: Denn der Bundesfinanzminister haut gegenwärtig soviel Geld raus, als gäbe es kein Morgen mehr.
Und das wird auch Folgen für uns „Behinderte“. Wir werden leider vieles uns bisher Selbstverständliches und Erreichtes bitter verteidigen müssen oder verlieren höchstwahrscheinlich viel gegen die Lobbyisten der zu allmächtigen Großkonzerne – unabhängig welche politische Konstellation ab Herbst 2021 regieren wird.
Ist zwar hart, entspricht nun mal der Realität… Ich erinnere nur an die schon vor der Pandemie geplante Änderung der Versorgungsmedizinverordnung mit dem Ziel, Behinderungen künftig nur noch mit Hilfsmitteln gemäß ICF zu bewerten. Der wahre Grund ist meiner Meinung nach jedoch, durch niedrigere GdB` s möglichst viele Behinderte aus den Nachteilsausgleichen zu drängen – denn die kosten ja, obwohl diese nur einen Bruchteil im Haushalt des Bundesfinanzministers darstellen. Daß dagegen kein richtiger Aufschrei erfolgt, verstehe ich nicht…
Danke für den Artikel! Ich habe nur eine kurze Anmerkung: wenn eine Person ihre Assistenz nutzt, um sich Bier zu holen, ist das sehr legitim. Genauso legitim, wie sich gesellschaftlich zu engagieren. Sogenannte Leistung hat nichts mit Wert sein oder Würde zu tun.
Stimmt. Und was mich besonders ärgert bei den finanziellen Kosten: im Steuerrecht sind schwer bezifferbare Kosten einer Behinderung anerkannt (pauschale Freibeträge nach § 33b EStG) aber bei Sozialhilfe und Hartz IV wird das völlig ignoriert. Deshalb leben meines Erachtens diejenigen behinderten Menschen, die auf existenzsichernde Leistungen angewiesen sind, oft tatsächlich unterhalb des Existenzminimums.
Guten Tag Raul Krauthausen, heute ist der 8. Mai, Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkrieges, ich komme gerade aus Teltow zurück, bleibe vor einem Plakat stehen, ein Werbeplakat dank Fairtrade. Links im Bild steht ein schlanker, jüngerer Mann. Er hat eine bräunliche Hautfarbe, schwarzes Haar, das beinahe unter einem hellen Leinentuch, dass er wie ein Piratentuch gebunden hat, verborgen ist. Er trägt ein grün-graues Frotteeshirt, das feucht aussieht, es könnte sogar Stockflecken haben. Unter dem Shirt sehe ich eine gelbe Gummischürze, in seinen Händen, an denen er mittelblaue Gummihandschuhe trägt, hält er grüne Bananenstauden, die nass aussehen, sie kommen gerade aus dem mit Eiswasser gefüllten großen Wasserbecken hinter dem jungen Mann. Das Becken ist voller grüner Bananen, der Rand wie bei manchen Schwimmbecken aus Ziegeln. Ein getrehtes kupferfarbenes dünneres Rohr ragt aus dem Becken. Auf dem Shirt des jungen Mannes ist ein Logo, eine gelbe Taube, die etwas wie eine stilisierte Friedenstaube aussieht. Ich meine, es stände „Bananas Urada S.A.“ oder „Gurada S.A.“ neben dem Logo. Das Bild ist zweigeteilt, der junge Mann ist links im Bild. Rechts bin ich in einem Gebäude, loftartig, großzügig, unbestimmt vom Charakter. Es könnte ein privates Zuhause sein, ein Arbeitsplatz, auch eine gastronomische Einrichtung. Im Vordergrund steht eine junge, schlanke Frau hinter einem Tisch, der Tisch ist leichter Bauart mit dunkler schlichter Tischplatte, der Tisch reicht ihr bis kurz unter die Gürtellinie, der Gürtel ist schmal und rötlich, die Jeanshose dunkelgrau. Sie trägt eine weiße Bluse mit V-Ausschnitt und darauf Blüten in einem helleren und dunkleren Blau. Ihre Haare sind blond, glatt und lang, an einer Seite mit einer Spange gehalten. Ihre Augen sind braun, das Weiße in ihren Augen ist weiß, bei dem jungen Mann auf der anderen Seite ist das Weiße etwas gerötet in den Augenwinkeln. Die junge Frau lächelt, wie der junge Mann, sie haben perfekte, weiße Zähne, alle beide. Auf der Seite der Frau stehen reife, gelbe Bananen auf dem Tisch, es fehlt das Fair-Trade Zeichen, dass bei dem jungen Mann auf den grünen Bananen zu sehen ist. Auf dem Tisch liegt eine Staude gelber Bananen, eine geschälte davon hat die junge Frau vor sich liegen, es befinden sich noch eine Glaskaraffe mit Milch eine Müslischale und ein Kettenfahradschloss auf dem Tisch. Müslischale und Kettenfahrradschloss sind beinahe hinter dem Wort „Bananen“ verborgen, aber gut zu sehen.
Die junge Frau ist nicht alleine, ich kann in einen Raum hinter ihr sehen, zwei nur schattiert angedeutete Personen sitzen über Eck an einem Tisch, der so aussieht, wie der Tisch, an dem die junge Frau steht. Es ist genau so ein großzügiger, luftiger Raum.
Weil es uns wichtig ist! Steht noch auf dem Plakat, den Rest erinnere ich nicht. Aber was genau ist denn an dem Handel, der hier nur sehr bruchstückhaft gezeigt wird, wichtig?
Mit der jungen Frau würde ich vielleicht noch tauschen, falls die anderen beiden Menschen keine Rassisten oder irgendwie unangenehm wären.
Mit dem jungen Mann würde ich nicht tauschen wollen, alleine das feucht-fleckige Shirt – bloß nicht!
Ich habe nichts gegen „Fairen Trade“ – ganz im Gegenteil, das Plakat allerdings spricht für mich nicht die Sprache des fairen Handels, im Gegenteil, es zeigt Werbung für Produzenten von Gummischürzen, Gummihandschuhen, Becken, Bananen, Lofteinrichtungen, Bluse, Jeans, Milchkaraffe, Stühlen, Tischen. Es zeigt Ungleichheiten, und Ungleichheiten sind dem Frieden auf die Dauer abträglich.
Jeder sieht etwas anderes in einem Plakat, es ist nicht leicht für Werbeschaffende, Plakate zu machen, die viele Menschen ansprechen. Möglich, dass andere Menschen das Plakat ganz anders betrachten, ich betrachte es so.
Darf ich die Bananenindustrie auch als „Metaller“ bezeichnen? Ich sehe viel Metall – oder eher „Gärtner“, wiewohl ich den Garten, die Bäume ja nicht sehe.
Mit „Gärtnern“ und „Metallern“ später zum „Sprengstoff“ – gibt es auch friedlichen Sprengstoff? Ich glaube ja!
Besten Dank Raul Krauthausen für den Beitrag.