Mein ganz persönlicher Jahresrückblick

raul_bruecke2015 – dieses Jahr ist davon gerannt wie kaum ein anderes.
Ein Ereignis löste das andere ab – in einem Tempo, das uns alle atemlos werden ließ.
Zu oft war das allerdings atemloses Entsetzen.
Persönlich war es für mich auch ein Jahr, das viele Hochs und Tiefs beinhaltete und mich privat an so manche Grenze brachte. Aber es endet hoffnungsvoll!

Mein Jahresrückblick ist restlos und komplett subjektiv – und mein Anliegen ist und bleibt:
Uns Menschen mit Behinderung in den Fokus zu bringen, in der öffentlichen Wahrnehmung stattfinden zu lassen, laut zu sein, frech und wild und übermütig, gleiche Rechte und Chancen zu verlangen und auf nichts zu verzichten.
Die Erfolge des Jahres 2015 sind das Resultat der Zusammenarbeit vieler großartiger Menschen, die Mut machten, wenn ich nicht mehr weiter wusste, die Kraft hatten, wenn ich einfach nicht mehr konnte und die sprühende und überraschende Ideen hatten, wenn ich ratlos war.
Ganz besonders möchte ich mich deshalb bei meinen Kollegen Adina, Frieda, Hoa, Laura, Lili, Lisa, Silke, Svenja, Andi, Christoph, Holger, Jan, Jonas, Lennart von den SOZIALHELDEN bedanken, aber auch bei allen, die unsere und meine Projekte unterstützt und erst möglich gemacht haben.
Meine Projekte-Highlights 2015 waren:

#MapMyDay

Teaser #MapMyDayDas Mapping-Event war die erste weltweite Kampagne der SOZIALHELDEN zum Thema Wheelmap. Wir haben viel über Campaigning gelernt und wie schön es ist, sich als Team in ein solches Abenteuer zu stürzen. Hinter den Kulissen wurde wirklich geschuftet für dieses Projekt, wir standen so manches Mal vor scheinbar unlösbaren Problemen, die Zeit wurde knapp und zuweilen kamen uns sogar leise Zweifel, ob das alles zu schaffen ist.
#MapMyDay wurde ein voller Erfolg, dank all’ der vielen Menschen, die sich beteiligten und mittlerweile über 23000 Orte markierten. Und dank unserer Unterstützer wie der WHO, der UNESCO, der ITU, einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen und vielen mehr.

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Teilhabegesetz

nahles-übergabeConstantin Grosch rief vor 3 Jahren auf der Kampagnenplattform Change.org die Petition “Für ein Recht auf Sparen und für ein gutes #Teilhabegesetz” ins Leben.
Weil das Thema Teilhabegesetz aktueller denn je ist, hat uns Change.org unterstützt, auf die Petition aufmerksam zu machen, jede Menge Internet-User teilten und halfen – und das Ergebnis war wirklich sehr gut: Über 280.000 Menschen haben die Petition unterschrieben und unterstützen uns damit aktiv.
Im Oktober diesen Jahres übergaben Constantin Grosch und ich das zu dem Zeitpunkt aktuelle Ergebnis der Petition an die Bundesministerin für Arbeit und Soziales Andrea Nahles (SPD).
Dieses Thema wird uns auch in das Neue Jahr begleiten – und ich kann nur dazu aufrufen beharrlich zu bleiben und weiter mit allen Mitteln auf die Notwendigkeit eines guten Teilhabegesetzes aufmerksam zu machen.


Zusammenarbeit mit der Google-Stiftung

Google.org Disability Impact Challenge
In diesem Jahr haben wir ein weiteres spannendes Projekt bezüglich der Wheelmap in trockene Tücher packen können: So erhielten wir bei der Google Disability Impact Challenge eine Förderung für die kommenden 2 Jahre, um uns auf die Entwicklung von Datenstandards zu konzentrieren.
Das klingt finanziell gigantisch und inhaltlich sehr abstrakt – hat aber nur das eine Ziel: Die Welt für Menschen mit Behinderung leichter zugänglich zu machen.


Krauthausen – face to face

Im Oktober diesen Jahres wurde im Fernsehen die erste Ausgabe meiner Talkshow Krauthausen – face to face ausgestrahlt. Um ehrlich zu sein hatte ich im Vorfeld sehr hin und her überlegt, ob das ein Projekt wäre, das zu mir passt. Aber die Chance, Menschen mit Behinderung, die im Bereich Kunst und Kultur tätig sind, eine Plattform zu bieten, reizte mich dann doch sehr. Ganz besonders, da Menschen mit Behinderung im Fernsehen an sich schon einfach zu selten stattfinden.
Vier Sendungen wurden bisher aufgezeichnet, zwei wurden bereits ausgestrahlt: Die erste war mit der Regisseurin Gisela Höhne, die zweite mit dem Comedian Martin Fromme.

Im kommenden Neuen Jahr erwarten euch weitere Sendungen mit der Moderatorin Ninia LaGrande, dem Autor Maximilian Dorner und weiteren tollen Gästen, die noch geheim sind 😉


Planet Wissen: “Behindert sein oder behindert werden?”

Das Dokumentations- und Wissenschaftsmagazin berichtet und klärt auf: Wie ist der Alltag von Menschen mit Behinderung? Wie funktioniert Inklusion in der Schule? Findet Inklusion im Arbeitsalltag statt? Wie sollte ein gutes Teilhabegesetz aussehen, damit Menschen mit Behinderung nicht benachteiligt werden?
Eine gut recherchierte Sendung zum Thema Menschen mit Behinderung:


Hirschhausens Quiz des Menschen

Das Thema “Menschen mit Behinderung” in einer wirklich unterhaltsamen Game-Show.
Es gab eine Schätzfrage zur Wheelmap, deren Antwort u.a. dank #MapMyDay heute nicht mehr aktuell ist 🙂


YouTube-Sendung mit Simon Unge und MrTrashpack

Simon Unge, MrTrashpack und ich
Die Sprache in der YouTuber-Scene ist zuweilen hart bis diskriminierend: “Bist du schwul?”“Du bist doch behindert!” und ähnliches ist gang und gäbe. Da die YouTube-Konsumenten zu einem großen Anteil Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zwischen 10 und 16 Jahren sind, zählt es wirklich, welche Ausdrucksweise YouTube-Stars wählen: Denn das ist die Sprache, die dann in den Schulen und in der Freizeit gesprochen wird und Meinungen macht.
Als YouTube-Star Simon Unge einem anderen YouTuber öffentlich “Bist du behindert?” twitterte, musste ich doch mal anmerken, wie daneben diese Ausdrucksweise ist:


Aus einem spontanen Tweet entstand zunächst eine spannende Diskussion und schließlich ein Treffen und eine Sendung den YouTube-Stars Simon Unge und MrTrashpack:


Themen, die mich 2015 besonders beschäftigten:

  • Wie euch sicher auch, beschäftigte mich in diesem Jahr das Thema geflüchtete Menschen und machte mich sehr betroffen. Es gäbe so vieles zu sagen zu der verfehlten Politik in diesem Lande, dem erschreckenden Rechtsruck und Anschlägen auf geflüchtete Menschen und Geflüchtetenheime.
    Aber ich möchte den Blick ganz besonders auf jene richten, die es eigentlich gar nicht gibt, wenigstens wenn man den Formularen deutscher Behörden glauben würde: Geflüchtete mit Behinderung. Auf Leidmedien.de findet ihr mehr zu dem Thema: Behindert auf der Flucht und die taz berichtet über geflüchtete Kinder mit Behinderung “Doppelt schutzlos”.
  • Sex und Behinderung – das ist größtenteils immernoch ein Tabu-Thema.
    Mir passiert es nach wie vor, dass ich von wildfremden Menschen gefragt werde, ob ich Sex haben könne – irgendwie scheint es eben nicht “normal” zu sein, dass Sex auch bei Menschen mit Behinderung ein Grundbedürfnis ist, das so natürlich stattfindet, wie bei nicht-behinderten Menschen. Ich habe zqnce Fragen zum Thema “Sexualität und Behinderung” beantwortet:

    Und auch auf dem Porn Filmfestival war in diesem Jahr zum ersten Mal das Thema “Sex und Behinderung” – ein Meilenstein, wie ich finde. Bei der Vorführung des Dokumentationsfilmes “Yes, we fuck!” und der anschließenden Diskussion mit dem Regisseur war ich auch dabei. Spannend.
    Arte zeigte den berührenden und und kontrovers diskutierten Kurzfilm: “Nimm mich”.
  • Menschen mit Behinderung in den Medien – Auf einmal entdecken Werbeagenturen und Mode-Designer Menschen mit Behinderung. Und plötzich sind sie auf den Laufstegen der Fashion Week zu sehen, auf Plakatwänden und Werbespots. Ist das eine gute Entwicklung? Oder werden Menschen mit Behinderung hier als “Hingucker” instrumentalisiert? In meinem Artikel “Lust auf Leben” habe ich mir Gedanken dazu gemacht.
  • Menschen mit Behinderung in den Entwicklungsländern
    Mit der Christoffel-Blindenmission (CBM) reiste ich im Vorjahr nach Bangladesh und lernte auf für mich bisher einzigartige Weise die Situation von Menschen mit Behinderung vor Ort kennen. In diesem Jahr startete die CBM die Kampagne “Setz ein Zeichen!” – die ich gerne unterstützte.

Das Jahr 2016 – persönlich freue ich mich sehr darauf.

Gesellschaftlich und politisch sind schwere Aufgaben zu bewältigen.
Meine beiden größten Anliegen fürs neue Jahr: Menschlicher, hilfreicher und zielorientierter Umgang mit Geflüchteten mit Behinderung – und ein gutes Teilhabegesetz!



4 Antworten zu “Mein ganz persönlicher Jahresrückblick”

  1. Hallo Raul. Ich bin es der Adler Horst von Facebook. Ich bin auch zu 50 Prozent Gehandicapt also eingeschränkt in meiner freien Bewegung und in meinem ungehinderten Wirken. Finde deinen Jahresrückblick total stark, um mal einen Kraftausdruck zu verwenden. Ich arbeite auf Grund meiner Einschränkung, nur noch 40 Stunden monatlich als Ehrenamtler in einem sogenannten Capmarkt in Sonneberg. Zusätzlich bin ich auch seit über einem Jahr, Vorsitzender einer Selbsthilfegruppe mit dem Namen „Mach Mit, die ursprünglich eine Betroffenenvertretung war. Wir fingen mit etwa 5 festen Mitgliedern an. Mit der Zeit wurden es mehr und mehr und …… Wir wollten gemeinsam andere Wege gehen, als andere Selbsthilfegruppen. Wir wollten auch junge Menschen mit Handicap in unserer Gruppe willkommen heißen. Das ist uns mittlerweile ziemlich gut gelungen und sie mittlerweile fest integriert. Darauf sind wir besonders stolz, da junge Menschen bei dem Begriff Selbsthilfegruppe immer an alte Leute denken, die sich nur mit sich und ihrer speziellen Krankheit beschäftigen. Deshalb sind wir auch froh, das uns die Beseitigung von diesen alten Vorurteilen gut gelungen ist. Bei uns sind Menschen mit den verschiedensten Krankheitsbildern vertreten und es macht großen Spaß von allen etwas zu lernen und seinen persönlichen Horizont erweitern zu können. Wir unterhalten uns schon auch über die Krankheiten, aber eben auch (und das unterscheidet uns schon von anderen) über schulmedizinische und alternative Therapien und Heilmethoden. Wir verbringen auch viel Zeit außerhalb der Treffen miteinander und es haben sich echte Freundschaften entwickelt. Ich bin stolz, auf unsere gemeinsame Arbeit auf dem Gebiet der Integration und Inklusion von Menschen mit Handicap und der Durchsetzung unserer Rechte im Rahmen der Umsetzung der UN – Behindertenrechtskonvention. Wir wollen dieses Jahr eine Reihe von Projekten starten (unter anderem ein Videorojekt zum Thema Barrierefrei im Landkreis Sonneberg), bei dem wir die Defizite bei der Barrierefreiheit und Mobilität im gesamten Landkreis aufzeigen wollen. Dieser Film wird dann im Kino Sonneberg gezeigt. Wir werden dann mit verantwortlichen Entscheidungsträgern in Kommunen, Gemeinden und Städten sowie Inhabern von Geschäften, die wir zur Ausstrahlung einladen, im Anschluss eine gemeinsame Podiumsdiskussion mit Verantwortlichen, Betroffenen und deren Angehörigen veranstalten, bei der Farbe bekannt werden muss, wann die Missstände behoben und die Barrieren die sich darstellen beseitigt werden. So aber nun genug. Wünsche dir lieber Raul noch einen schönen Sonntag und ein gesundes neues Jahr voller toller Ideen, die du wieder gemeinsam mit mutigen und engagierten Mitstreitern umsetzen kannst. Ich hab dieses Jahr viel in Erfurt zu tun. Vielleicht können wir uns ja mal persönlich treffen, kennenlernen und austauschen. Würde mich sehr freuen. LG von Adler Horst Torsten Licht Sonneberg. ❄⛄.

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